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kapitel 15
Brief an Goethe
 
  
 
Lieber Goethe,
mein Theuerster, ich habe in meinem bewegten und gedrängten Leben mich einer Versäumnis öfters schuldig gemacht und will in dem gegenwärtigen Fall den Vorwurf ganz von mir ablehnen. Ja, schaudert, wenn Ihr dies Bild seht. Soviel kann ich versichern, daß ich es für Euch weder als Freund an Neigung, noch als Forscher an Theilnahme und Bewunderung je habe fehlen lassen, ja daß ich oft etwas Wichtiges zur Anfrage zu bringen gedachte, wodurch dann auf einmal alle bösen Geister des Mißtrauens wären verscheucht gewesen. Doch hat das vorüberrauschende Leben und anderen Wunderlichkeiten auch diese, daß wir in Thätigkeit so bestrebsam, auf Genuß so begierig, selten die angebotenen Einzelheiten des Augenblicks zu schätzen und festzuhalten wissen. Und so bleibt denn im höchsten Alter uns die Pflicht noch übrig, das Menschliche, das uns nie verläßt, wenigstens in seinen Eigenheiten anzuerkennen und uns durch Reflexion über die Mängel zu beruhigen, deren Zurechnung nicht ganz abzuwenden ist. Mich Ihnen und Ihren theuren Angehörigen zu geneigtem Wohlwollen bestens empfehlend ergebenst 
Heiner Link
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15.08.99
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