heiners zuhauseseite
Georg M. Oswald - Heiner Link
 
 
 
 Debatte? Tagebuch? Streitgespräch? Interaktive Texterstellung? Internetliteratur? Korrespondenz? Nennen Sie es, wie Sie wollen. Es geht jedenfalls um  
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DIE BANALITÄT DES PROLLIGEN 
3 
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Soso. Man hat die Gedichte lieb gewonnen. Da schau her. Gut, dann will ich Runde 3 auch mit einem Gedicht einläuten:
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DIE DENKEN, DAZU KANN MAN NICHT NEIN SAGEN
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 Wir hören, du gibst den Leuten
wirklich noch was für ihr
Geld, und bei uns in der Stadt
ist selten was los, deshalb
unser Angebot: Wir fliegen dich
ein, bringen dich in einem 
guten Hotel unter, du kannst
soviel trinken wie du
willst, wir mieten einen
Saal, in den ein "Haufen"
Publikum reinpaßt, du wirst
staunen, wie viele hier
schon von dir gehört 
haben, wir garantieren dir
ein volles Haus und
25% von den Einnahmen.
Wir mögen dich, Mann!
Also - wie wärs, hm?
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von Charles Bukowski
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Wie wärs, lieber Kollege Oswald, wenn Du ein bißchen weniger joggen würdest, und unseren Lesern hier statt dessen mal ein Gedicht von Dir präsentierst? Präsentieren würdest. 
Ich bin schon wieder ganz indifferent. 
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Heutige Schlagzeile auf den Münchener BILD-Zeitungskästen: 
Boarisch bleiben. Stammtisch gegen das Internet!
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Es soll keiner glauben, daß wir es hier im Süden leicht haben.
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Heiner Link, 21.01.2000
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Ja, ich bin fleißig, aber nur, weil sonst nix mehr geht. Grade mal wieder bei amazon.de vorbeigeschaut. Schön, lieber Heiner Link, daß Sie mal wieder vorbeischauen, bitte klicken Sie hier für Ihre persönliche Buchempfehlung. Nun, was wurde mir angeboten? RAVE (Es geht um Exzeß, Saufen ...), und dann noch "Gisela" von einem gewissen Robby Dannenberg, an den ich mich nicht erinnern kann. (Gisela erzählt die Liebesgeschichte von Gisela und Paul, zwei jungen Menschen, die zwar bei der körperlichen Liebe - ohne Scham - zueinander finden, deren Beziehung jedoch an der Angst, dem anderen eine Blöße zu zeigen, und ...)
Schon erstaunlich. 
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Heiner Link, 22.01.00
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o Gott, welche Freude
du bist hier
schluchz und auf der
letzen Gipfel-
konferenz aßen
sie Stangen-
bohnen, Butter
schmatz, schlürf
reich mir den Dreck
und ne Coke, Kumpel
o vielen Dank
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Auszug aus "Biotherm" von Frank O'Hara
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Schöne Sachen gibts. Draußen knackt die Kälte, ich glaube 20 Grad Minus heute, gut. Ich glaube ja nicht an die Mafia. Das ist doch ein Hirngespinst. Mafia hier, Mafia da, das stellt man sich immer so schön vor. Das ist natürlich grober Unsinn. Wahr ist nur, daß es draußen kalt ist, saukalt. Man denkt sich immer die Mafia dazu, aber das ist natürlich grober Unsinn. Es gibt keine Mafia. 
Gäbe es eine, wäre sie der Ausdruck einer vollkommenen Ästhetik. Und die könnten wir ja gar nicht einlösen. 
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Heiner Link, 25.01.2000
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Ach, so schlecht ist die Welt ja doch nicht: Der ORF produziert das von Arno Geiger und mir geschriebene Hörspiel "Elfenkinder oder Alles auf Band", und der Deuticke Verlag in Wien druckt es, macht uns ein schönes Buch daraus. 
Österreich ist doch ein schönes Land mit viel Geschmack, das muß ich schon sagen.
So müßte es immer laufen, eine gute Idee, sofort umgesetzt, ohne jede Konzession, und dann wird es veröffentlicht. Ohne diese Scheißmarketingängste. Ohne die Zicken, denen man normalerweise immer ausgesetzt ist, wenn man interessante Sachen macht.
Das zum Beispiel, lieber Helmut (mighty HelK, Oswald hats begriffen, was), wäre was, was ich gerne anders hätte, dieses Rumgezicke bei der Umsetzung unserer Arbeit. Und dann würd ich auch ganz gerne ein paar Buchhändler aufhängen, öffentlich, versteht sich. Ein paar kleine Verbesserungen könnte diese Welt schon vertragen. 
Übrigens, Helmut, das vergaß ich beim heutigen e-mail, Du kannst Dich ruhig mal hier einmischen, wenn Du Lust hast.
So.
Liebe Grüße nach Österreich!
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Heiner Link, 26.01.2000
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Hier eine kleine Geschichte, ich konnte mich nur nicht für einen Titel entscheiden:
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Über meine derzeitige Lieblingsfreundin
oder
Warum ich den Sommer befürchte
oder
Über das Unmenschliche in der Liebe
oder
Die Erotik eines Schneidezahns
oder
20 Gramm, die Dein Leben verändern
oder 
Tempo
oder
Ausgemacht ist ausgemacht
oder
Warum ich unglücklich bin
oder
Warum gehst du denn so komisch?
oder
Kriegsverletzung
oder
Blecherne Unterhose
oder
Bloß, weil ich mich gleich drauf legen wollte
oder
Manchmal gehen wir auch ins Kino
oder
In einer Weinstube kann man sich ja nicht hinlegen
oder
Einfach so, weil die Sonne scheint
oder
2021
oder
Kein Schlapparsch
oder
Liebst du die Haare in meiner Nase?
oder ...
 
Vielleicht sollte ich ein bißchen von meiner derzeitigen Lieblingsfreundin erzählen. Klasse Frau. Ich konnte sie aber noch nicht in Besitz nehmen. Wir verhandeln noch. Natürlich bete ich sie an, ich weiß nicht, ob das gut ist, aber ich bete sie an. Man kann sich mit ihr sogar über Literatur unterhalten, obwohl ich gar nichts davon verstehe. Vorgestern noch habe ich sie im Arm gehabt, Wahnsinn! Es hatte zwanzig Grad unter Null, mir wäre auch lieber gewesen, es wäre jetzt grad Sommer. Dann hätte sie vorgestern vielleicht ein Sommerkleidchen angehabt, 20 Gramm schwer, Sie verstehen. Ach nein, das hätte mich ja ganz verrückt gemacht. Ich bin sowieso immer so nervös. Wenn ich mit ihr beim Wein sitze, rede ich einen Stuß zusammen, Sie machen sich keinen Begriff. Ich denk mir dann immer: Sag endlich was zu diesem leicht schräg stehenden Schneidezahn, der dich so anmacht, Arschloch, blödes. Aber ich brings nicht raus. Es kommen jetzt auch langsam die Rückschläge (retardierende Momente). Seit vorgestern zum Beispiel dreht sie den Kopf beim Küssen immer etwas zur Seite, grade soviel, daß ich am Mundwinkel vorbei, gut, dachte ich mir, dann küss ich dich aufs Ohr. Damit hatte sie nicht gerechnet. Das war nicht unelegant, aber man hat ja solche Tricks nicht ständig parat. Und natürlich ist das ein Zeichen. Ich sage Ihnen, dieser Schneidezahn macht mich noch ganz wahnsinnig. Natürlich könnte ich sie etwas genauer beschreiben, aber bei mir läuft das immer auf ein sehr reduziertes Bild der Frau hinaus, verstehns. 20 Gramm, mehr hat so ein Sommerkleidchen nicht, ich weiß wirklich nicht, was ich im Sommer machen werde. Ich meine, das ist ja unmenschlich. Überhaupt, wenn wir in dem Tempo weitermachen, sind wir auch im Sommer immer noch beim Küssen. Das kommt hinzu. Werde ich den Schneidezahn dann schon mit einbeziehen können? Das sind alles so Fragen. Und dann die Konkurrenz. Sie reist nämlich viel, Vertreterin, und es ist anzunehmen, daß dieser gottverdammte Schneidezahn auch anderen Vertretern gefällt, nicht wahr. Wenn das Sommerkleidchen blau ist, dreh ich sowieso durch. Stellen sie sich ein blaues Sommerkleid vor, aus dem bronzefarbene Oberschenkel blitzen, das wäre wirklich nicht auszuhalten. Und dann muß man sich vorstellen, ein Wahnsinn, ich meine, mal angenommen ich umarme sie, und ich neige ja dazu, Brust an Brust, nur durch 20 Gramm Stoff getrennt, und dann rutscht vielleicht auch noch meine Hand auf ihr Gesäß, und das alles, während ich in höheren Etagen diesen Schneidezahn umzüngle ... Ich habe das gestern mal in Gedanken durchgespielt, und weiß nur, daß es so nicht enden darf. Warum nur hat es der liebe Gott so eingerichtet, daß wir das ganze Jahr über paarungsbereit sind?  Das war ja durchaus gut gedacht, nur sind eben manche Menschen paarungsbereiter als andere Menschen, das ist das Problem. Wenn man sich anschaut, was der Kerl sonst alles so geleistet hat, fragt man sich schon, warum er das nicht richtig durchdacht hat.  Solange ich schon schnaufe, leide ich unter der Unfähigkeit anderer. Wahrscheinlich hat sie auch sensationelle Kniee. Ich bin ganz sicher, daß dieser leicht schräg stehende Schneidezahn der einzige Makel ist, und den hat der Herr auch nur eingebaut, damit mich der letzte Rest Vernunft verläßt. Was ich sagen will, lassen Sie mich doch ausreden, ein wenig ausholen: Also, ich wollte mich gleich drauflegen, aber das wollte sie nicht, das ging ihr dann doch zu schnell. Wir haben dann vereinbart, daß sie das Tempo bestimmt. Das war natürlich ein ganz grober Schnitzer, also davon kann ich Ihnen nur abraten. Jedenfalls, ich deutete es schon an, das Tempo ist jetzt sehr niedrig. Ich kann aber nix machen, weil ausgemacht ist ausgemacht. Im Winter fällt es schon schwer, dieses Tempo zu halten, aber wenn ich an den Sommer denke, und ich denke oft an den Sommer, denke ich daran, daß ich da bei erster Gelegenheit dieses Tempo überschreiten werde. Und zwar gehörig. Ich kenne mich doch. Ich denke also nicht, daß es über den Sommer hinaus halten wird. Verstehen Sie jetzt, warum ich unglücklich bin?  Sie denken ich übertreibe, Sie ahnungsloses Individuum. Ich ging vorgestern mit dieser Frau durch die Münchener Fußgängerzone, nicht wahr, sie hatte sich bei mir eingehakt. Das war alles. Und bedenken Sie bitteschön was wir alles anhatten, bei 20 Grad minus. Da sagt sie plötzlich zu mir: Warum gehst du denn so komisch? Nur weil ich mein Gesäß etwas nach hinten gestreckt hatte, um mich zu entlasten. Ja, was hätte ich da Ihrer Meinung nach sagen sollen? Kriegsverletzung? Und was möchten Sie mir für den Sommer vorschlagen? Eine blecherne Unterhose? Sie Schlaumeier. Muß ich mich schon wieder aufregen. Das hat man nun davon, daß man im fortgeschrittenen Alter noch gesund und munter ist. Ich habe immer gesund gelebt. Orangensaft und so. Fenster kippen. Jetzt bin ich 39, das ist ja für den Mann das beste Alter überhaupt, und ich habe sogar noch Gefühle. Jeden einzelnen Quadratzentimeter dieser Körpers würde ich einzeln küssen, und es gäbe Stellen, wo ich mir Zeit lassen würde. Verdammt viel Zeit. Das weiß sie natürlich nicht, weil wir so langsam sind. Bloß, weil ich mich gleich drauflegen wollte. Manchmal gehen wir auch ins Kino, aber meistens gehen wir in eine Weinstube. Im Kino waren wir erst einmal, weil ich mir gedacht hab, im Kino seh ich ja fast gar nichts. Sagen wir mal so, sie hatte sich ein Magnum bestellt, ich habe ja erst gar nicht begriffen, was das bedeutet, nicht wahr, und dann hat sie dieses Eis an den Mund geführt und ein Stück abgebissen. Mit diesem Schneidezahn. Nix mehr, habe ich mir gedacht, aus ists mit Kino. Ich geh ja sowieso nicht gerne ins Kino. Arsch an Arsch drauf warten, daß es dunkel wird. Vielleicht begreifen Sie langsam, was das für eine Frau ist. Eine Granate! Ich mag alles an ihr. Wie sie geht, wie sie steht, wie sie sitzt. Natürlich auch, wie sie liegt. In einer Weinstube kann man sich ja nicht hinlegen, aber im Sommer. Ich meine, wir werden im Biergarten sitzen, im Hirschgarten, und dann auf den weiten Wiesen herumtollen, Fangen spielen, nein Fangen spielen ist nicht gut, wir werden einfach so herum laufen und vor Freude juchzen, nicht wahr, und es wird der Zeitpunkt kommen, daß ich mich hinlegen muß, wegen den Marlboros, und dann? Dann legt sie sich vielleicht neben mich, weil es sich ja alleine nicht so schön herumtollen läßt, und dann rutscht ihr das Kleid hinauf oder herunter, jedenfalls zurück, und wir befinden uns nebeneinander in liegender Position. Und dann schlingt sie vielleicht sogar die Arme um mich, das muß ja gar nicht böse gemeint sein, einfach so, weil die Sonne scheint, Frauen sind ja manchmal so, ich meine bei Frauen kann das schon ein ausreichender Grund sein. Ja vielleicht legt sie sich sogar auf mich drauf, einfach so, weil Samstag ist. Ich muß mich irgendwie beruhigen.  Theoretisch, ich meine, angenommen ich würde diesen Sommer überstehen, ich habe mir das grade mal ausgerechnet, bei dem Tempo, das wir grade fahren, reden wir über das Jahr 2021. Da bin ich einundsechzig und sie schaut vielleicht wie Anfang Fünfzig aus. Oder sogar wie Ende Vierzig. Das macht es nicht einfacher. Wenn ich das mit dem Drauflegen nur rückgängig machen könnte. Gut, wir kannten uns erst eine Viertelstunde, aber ich dachte mir, eine solche Klassefrau will doch einen Draufgänger, und keinen Schlapparsch. Ausserdem hatte ich schon acht oder zehn Viertel und zwei Brombeerschnäpse. Na ja. Sie schleift mich immer zur S-Bahn, das macht sie alles klaglos mit. Sie trinkt ja immer nur höchstens zwei Viertel, den ganzen Abend zwei Viertel Wein, ein Wahnsinn, und dann frage ich sie immer: Liebst du mich? Ja, sagt sie dann. Liebst du mich vom Scheitel bis zur Sohle. Ja. Liebst du mein Rasierwasser. Ja. Liebst du meine Cordhosen. Ja. Liebst du die Haare in meiner Nase. Ja. Ich kann fragen, was ich will. Immer JA. Verstehns. Und dann dieses Tempo. Vielleicht sollte ich nicht ständig diesen Trachtenjanker tragen. Ich weiß es auch nicht. Ich bin ratlos. Es ist schon hart, verliebt zu sein.
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Heiner Link, 28.01.2000
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 Wenn sie das gelesen hat, krieg ich Ärger. Na ja, was geht im Leben schon ohne Risiko. 
Vielleicht stelle ich hier sogar mal ein Gedicht von Robert Gernhardt rein. Obwohl er schon mal einen Text von mir kritisiert hat.
Mir ist alles zuzutrauen.
Dabei ist Robert Gernhardt längst in den gelben Reclam-Bändchen
verewigt, und ich bin doch bloß ein kleines Würschtel, bestraft durch Herkunft und schlechtes Benehmen.
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Nächste Woche Lesung in einem Dachauer Gymnasium, vor dreihundert Oberstuflern. Soll einer sagen, ich riskiere nichts!
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Heiner Link, 01.02.2000
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Heute Post erhalten. Das ist an und für sich genommen noch nichts besonderes. Aber WAS für eine Post, Heinerle, WAS für eine Post! Nämlich vom „i-punkt verlag für kürzestprosa GmbH“. Gell, da schaust. Die bieten Bücher über Computergrundwissen „für Frauen“ an und „Kürzestprosa“ eben. Das würdest Du jetzt gerne wissen, was das ist, hmm? Und die Star-Autorin des i-punkt verlags, die sogenannte „Erika Lemmer alias Angelika Huber“ (steht so im Prospekt) wird es Dir erklären. (Ist das eigentlich ein Unterschied, ob man Erika Lemmer oder Angelika Huber heißt?). Erika Lemmer erläutert ihren Gedichtband „deine hand auf meiner stirn“ so:
„In den überwiegend in ihrer Auf- und Umbruchsphase 1989 entstandenen Gedichten ist denken und empfinden eins. In ihnen verliebt sich die Autorin in Steine, Pflanzen, Augen, begegnet Menschen, erlebt Orgasmen und reflektiert über Verletzungen an Mensch und Umwelt.“ Der Band umfasst 31 Seiten und kostet 32,-- DM. Ein stattlicher Preis, aber ich bin sicher, das Buch ist jeden Pfennig wert. Hier also, als kleiner Service für unsere Freunde von den Kokos-Inseln, die ISBN--Nr:ISBN 3-931004-02-3. Nichts zu danken.
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Georg M. Oswald, 01.02.2000 
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Prompt ist der i-punkt-Verlag heute in der Süddeutschen (Münchener Kultur) portraitiert. DamenundHerren, wir sind schneller als die Süddeutsche! "deine hand auf meiner stirn" Muß ich mir merken.
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Heute in der Mailbox
Lieber Heiner Link,
selbstverständlich verfolge ich Ihre Arbeit. Würden Sie meine auch verfolgen, wüßten Sie, daß ich zusammen mit F.W. Bernstein schon 1976 folgendes Poem veröffentlichte:
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Die Wetterwendische
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"Du Heiner..." "Ja?" "Mir fällt grad ein,
ich wäre gern ein Warzenschwein!"
"Ein Warzenschwein? Mein liebes Kind..."
"Nein Heiner, diese Schweine sind
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für mich der Inbegriff des Schweins:
Mit sich und mit dem Kosmos eins,
so streifen sie durchs Unterholz.
Ihr Herz ist gut, ihr Wesen stolz,
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ihr Auge schaut so klar und rein -
ach wär ich nur - "Ein Warzenschwein?"
"Ja, Heiner, ja und nochmals ja!
Jedoch ..."Jedoch" "Seit ich mal sah,
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wie diese Tiere wirklich sind,
voll Warzen und den Kopf voll Grind,
steht für mich fest, ich wäre lieber ..."
"Kein Warzenschwein?" "Oh nein. Ein Biber!"
...__________________________
Weiter so. Ihr Robert Gernhardt.
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 .Besten Dank.
Heiner Link, 02.02.2000
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Nicht zu fassen. Nicht nur Kokos-Insulaner - ich weiß, ich wiederhole mich, aber es macht einfach ungebrochen Freude, davon zu sprechen - sondern auch Olympier lümmeln da im Netz herum. Aber das waren sie ja auch nicht immer. Auch Robert Gernhardt hat ja mal als verbotener Autor angefangen, 
ob er’s nun weiß oder nicht. Es entspricht nämlich den Tatsachen, daß mir Frau Doktor Atzinger in der elften 
Klasse einmal einen Verweis wegen fortgesetzter Lektüre der „Blusen des Böhmen“ erteilt hat. Überhaupt: „Oswald! Nicht immer Romane lesen!“ hat sie mindestens einmal pro Stunde gedröhnt. Muß ich erwähnen, daß ich in Chemie eine Pfeife war? 
Georg M. Oswald, 03.02.00
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Kleiner Gastbeitrag hierzu, frisch eingetrudelt:
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was ich gerne wieder wär
wär im wilden wald ein bär
dann käm ich an und sähe sehr
bärig aus, wie einer der
bären aus dem fernseher.
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von Helmut Krausser
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Dessen Gedichtband jetzt übrigens bei "belleville" erschienen ist.
Heiner Link, 03.02.2000
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Ach ja, die Lyrik. 
Wenn ich mir's recht überlege, wäre das schon das Gescheiteste. Für mich würde sich da auch auflagemäßig nicht viel ändern, hi hi, na ja, ich bin gut drauf, weil mich grade meine derzeitige Lieblingsfreundin angerufen hat. Anrief. Wir haben über den Schneidezahn gesprochen. Vom Tempo war wieder nicht die Rede. Obwohl, vielleicht muß ich nur genauer hinhören, vielleicht war da was. Es ist ja auch wärmer geworden, nach meinem Text. Wie auf Bestellung. Siehst Du, Kollege Oswald, Du kennst Dich halt doch nicht aus. Sagt der auf diesen erschütternden Text hin doch glatt: "Du wirst es nie kapieren." Ich habe ein großes Herz, lieber Girgl, und das verschwende ich für manch indolenten Hammel (allgemein gesprochen), darf ich da nicht auch mal eine Frau anbeten? Diese wundersamen Geschöpfe, für eine jede würde ich sofort aus dem Fenster springen. Was wäre falsch daran? Nehmen wir nochmal meine derzeitige Lieblingsfreundin, für die ich mich jederzeit auch parterre wegwerfen würde, und zwar soweit, wie's irgendwie geht, damit ich keinen Unfug anrichten kann, für die ich meinen Trachtenjanker jederzeit ins Schmelzwasser legen würde, damit sie auch nur einen Fuß drauf setzt, für die ich auf offener Straße in die Kniee gehen würde und so weiter. Aber gut, Du verstehst halt von der Liebe nichts, Gewalt ist Dein Thema, vielleicht grad noch die Kritik am Kapitalismus. Lauter so Schmarrn. Du wirst schon sehen, daß ich mich mit dem Thema Liebe durchsetze. So oder so. Für eine Frau wie meine derzeitige Lieblingsfreundin würde ich (allgemein gesprochen) einfach die Welt verändern, das wäre für mich nicht das geringste Problem. Und was bringst Du zustande? Ein Radiointerview. 
Ich war, lieber Girgl, in Chemie auch eine Pfeife, und trotzdem haben wir uns so unterschiedlich entwickelt. Wie konnte das passieren? Ich weine bei der geringsten Gelegenheit, und Du wetzt das Messer und hast Erfolg. Ist das Taktik? Dreiundzwanziguhrvierundvierzig und nur noch vier Zigaretten, das sind Probleme. 
Ich bin schon das größte Talent.
Andere wissen vielleicht mehr.
Aber ich bin das größte Talent.
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Heiner Link, 04.02.2000
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 Das größte Talent hat Kopfweh. Irischer Whiskey. Aber deshalb können wir hier auch nicht aufhören. Ich habe heute früh schon ein bißchen geweint, wegen meiner derzeitigen Lieblingsfreundin, weil ich sie so mag. Zeitlang habe. Ist das nicht ein schöner Terminus: Zeitlang. Das ist bayerisch. Insgesamt fühle ich mich aber schon ein wenig geschnetzelt. Habe nämlich grade eine Kassette, die mir der Verlag schickte, angehört. 
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Ein Radiointerview.
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Leute, ich sags frei raus: Ich werde mich zurückziehen. Nicht wegen dem Schmarrn, den ich da verzapft habe, man ist ja mittlerweile Profi, nein, viel fürchterlicher: 
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Ich klinge wie Franz Beckenbauer.
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Entsetzlich. Ich sage hiermit alles ab, alle Lesungen, alles, aus ist's. Ich mag nicht mehr. 
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Reiße mir den Arsch auf, für irgendwas, und dann klinge ich wie Franz Beckenbauer. Das hat doch alles keinen Sinn. Es tut mir leid, Leute, aber ich kann nicht mehr. Auch bei mir gibt's Grenzen. Nicht wahr. Ja, ich gebe zu, ich wollte was erreichen, ich dachte immer, vielleicht kannst du das ein oder andere Herz erweichen, vielleicht kannst du ja mal jemand berühren, ohne anstößig zu werden. Was ist mir geblieben? Die Stimme von Franz Beckenbauer. 
Gut. Also. Reißen wir das Olympiastadion ab. Ich bin dabei. Gebt mir einen Preßlufthammer. 
Dieser gottverdammte irische Whiskey.
Heiner Link, 06.02.2000
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Tullamore Dew
lieber Helmut.
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"Die sagenumwobene Geschichte, die sich um Tullamore Dew rankt, hat ihren Ursprung vor dem 10. Jahrhundert, als die Iren die magische Kraft von Whiskey entdeckten. Goldene, irische Gerste und kristallklares Quellwasser werden heute ebenso wie damals verwandt. Nach dreifacher Destillation lagert Tullamore Dew in ausgesuchten Eichenfässern, wo er in den Jahren der Reife seinen reichen, weichen Geschmack entwickelt. Kenner schützen sein typisch irisches Wesen..." 
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Klappentext zum vorgestrigen Abend.
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Du hast ja nur eins von den Glasbildern getroffen, lieber Helmut. Ich habe den ganzen Nachmittag das Haus mit Glas vollgehängt. Wann hat man schon mal soviel Konkurrenz im Haus? Was ich da mit einem Schlag hätte abräumen können. Aber Oswalds müssen ja immer schon so früh gehen, Neumeisters kennen meine faulen Tricks und Norbert Niemann fällt wie eine Katze.
Ja, wir hatten zum Schluß schon eine sehr russische Stimmung. Du sagtest, ich wäre der Beste. Weißt Du noch? Nicht mehr? Dann müssen wir verhandeln, denn ich habe alles aufgezeichnet.
Heiner Link, 07.02.2000
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Was soll man noch über Politik sagen? Man kriegt das ganze Elend ja jeden Tag vor den Latz geknallt. Koch gestern wieder. Gesteht ganz offen eine Lüge ein und sagt, er habe nicht gelogen. "Juristisch möglicherweise korrekt, politisch nicht in Ordnung". Der Witz des Tages. Das muß man erst Mal drauf haben, DamenundHerren. Grüß Gott, Saudi-Arabien übrigens, ihr habt ja keine Probleme, denn ihr habt das Öl. Wir haben die Korruption und mindestens 25% Faschismussympathisanten. Die Journalisten decken das alles auf, und wir Schriftsteller sollen es richten. Man lädt uns in Talkshows ein und so weiter. Da blamieren wir uns dann. Ist doch praktisch, daß das möglich ist, in dieser so transparenten Gesellschaft. Lieber Girgl, was passiert mir denn, wenn ich 10.000 Mark nicht versteuere, bloß weil mein Terminkalender so voll war? Zimmer mit Frühstück?
Heiner Link, 09.02.2000
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.Da flattert doch glatt ein Fax vom ORF hier rein, ob ich denn zu einem schon vereinbarten Radiointerview überhaupt noch antreten möchte. Ich habe grade eben unter "texte und kommentare" hier auf dieser Seite eine Solidaritätserklärung veröffentlicht, kann sich jeder anschaun. Selbstverständlich trete ich nach wie vor in Österreich auf. Ich lasse mich doch nicht von dem Neofaschisten und Kultur- und Literaturhasser Jörg Haider an meiner Arbeit hindern.  
.Heiner Link, 10.02.2000
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Ich habe mich vor einiger Zeit hier mal sehr unflätig über Rainald Goetz' Gedichte geäußert. Das hätts vielleicht gar nicht gebraucht, aber weil die Thailänder wieder so fleißig zugreifen, will ich ein wirklich gutes von ihm nochmal aus dem Gedächtnis zitieren:
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14.59.57
14.59.58
14.59.59
15.00.00
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KRANK
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So ungefähr ging das. Ob die Uhrzeit stimmt, weiß ich nicht. Sehr gut jedenfalls.
Bei Trakl habe ich nichts gefunden 
... Stille wohnst du im Schatten der herbstlichen Esche,
Versunken in des Hügels gerechtes Maß ..., usw.
Ich kann ja nicht andauernd Robert Gernhardt hier reinstellen
Was hat die Woche sonst noch gebracht? Ein Kinobesuch mit meiner derzeitigen Lieblingsfreundin. Im Film fiel ein Schuß und sie zuckte zusammen, und in diesem Moment hätte ich sie fressen können, wirklich. 
Ausserdem habe ich bei HUGENDUBEL für 9 Mark 90 ein Penisbuch erstanden, dem ich entnehmen konnte, daß die Austrittsgeschwindigkeit des Ejakulats bei ca. 40 Stundenkilometer liegt und die größte medizinisch bestätigte Reichweite einer Ejakulation 29,7 cm beträgt. 
Laut Horoskop (FÜR SIE) ist nächste Woche am Montag mein bester Tag. Das ist ja schon morgen. Wie die Zeit vergeht.
Heiner Link, 13.02.2000
 ..
 .
Scheißtag, wirklich. Das Horoskop in der FÜR SIE ist wirklich keinen Pfifferling wert.
Heiner Link, 14.02.2000
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 29, irgendwas Zentimeter. Pfff. Der Seifenspender in unserem Gästeklo (wir haben ein Gästeklo) schafft
selbst bei ungeschickter Bedienung - aus dem Stand! - ca. 50 cm. 
Georg M. Oswald, 15.02.2000
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Das sind die Ergänzungsbeiträge, die ich brauche, um zur vollen Entfaltung zu kommen. Danke, Girgl. 
Heiner Link, 16.02. 2000
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Was das denn wäre, die volle Entfaltung, fragt mich Oswald. Die volle Entfaltung ist, daß ich viel weine, weil man mich nicht liebt,  aber ich habe immer eine Flasche Whisky zur Hand, wegen der Lebenslust, und rauchen tu ich auch wie ein Bekloppter, schwachsinnigerweise, und dann denk ich mir, was ist denn los? 
Was ist denn eigentlich los?
Und ich komme dann immer zu dem Schluß, daß eigentlich gar nichts los ist. 
Heiner Link, 17.02.2000
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 Die Frauen beim ORF haben alle schwarze Lederhosen an. War  aber ganz nett im Landesstudio Vorarlberg. 
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1 Dichter muß Sonette reimen:
Milka=zart mit Echos klingeln-
einfach Nichts mit Nichts verleimen -
Blah=Blah mit Blah=Blah umzingeln...
(Frank-Wolf Matthies)
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Nach dem "album" werde ich mal was machen, wo auch die Form stimmt. Da liegt ja auch schon Komik drin. 
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(O Kunst! O Kunst! Edel & Gut!
Du hart=geschwung'nes Och!-
Du sanftes=starkes Elfenbein -
so gleite mir ins Loch! -")
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Genau.
Heiner Link, 20.02.2000
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Na gut, aber nur, weil eine Unbekannte per e-mail " ... warum nicht jeden Tag Robert Gernhardt? ...", ... ich kann ja ein Eigentor zugeben, nicht wahr. Also. Jeden Tag nicht, aber 1es will ich Euch noch gönnen:
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Gebet
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Lieber Gott, nimm es hin,
daß ich was Besond'res bin.
Und gib ruhig einmal zu,
daß ich klüger bin als du.
Preise künftig meinen Namen,
denn sonst setzt es etwas. Amen.
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Robert Gernhardt
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Ich bin da wirklich ganz seiner Meinung. 
Heiner Link, 21.02.2000
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Buchempfehlung: Nell Kimball, "Memoiren aus dem Bordell", Eichborn. Nicht billig, aber ein sehr gutes und schönes Buch.
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Überhaupt ist das Schöne an meinem Beruf, daß man manchmal einfach rumlungern muß. Einfach so rumhängen. Schnaps gleich nach dem Aufstehen. Ein schweres Scotchglas am Rande der Badewanne ist ja schon mal ein ästhetisches Erlebnis. Und dann ist es Dreiviertelzwei und man fläzt sich auf die Kautsch und liest ein gutes Stündchen. Idealerweise würde man zwischendrin das Dienstmädchen bumsen, aber soweit geht's natürlich nicht. Dann kocht man was, wobei man Radio hört, ein Hörspiel vielleicht. Derart stimuliert schaut man sich SCHWUPPS an (TM3), ist guter Laune, macht sich eine Flasche Wein auf und denkt sich:
es könnte wesentlich schlechter laufen.
Heiner Link, 22.02.2000
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Was, bitteschön, ist an Biathlon so interessant? Wieso zeigen die das stundenlang? Versteh ich nicht. Biathlon. Wie leicht doch die Volksseele zufriedenzustellen ist. 
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Eines Tages traf ich in einem
Dieser neuen und modernen S-Bahnzüge:
Walter Jens
Er kramte mißvergnügt in seiner Aktentasche
Er hatte
Eine Idee
Ich sagte:
Herr Jens, wenn ich Ihnen mit einem Bleistift aushelfen kann,
Und hier:
Der Brief von meinem Liebsten
- die Rückseite ist nicht beschrieben
Walter Jens nahm Bleistift und Papier
Und schrieb seine Idee auf deinen Brief
Der Bleistift war zerkaut und voller Spucke
Und Dein Brief war voller Lügen
Aber Walter Jens schauderte nicht
Rübenkamp stieg Walter Jens aus und nahm meinen Bleistift mit. 
 .
 von Karen Duve
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So kann es gehen.
Heiner Link, 23.02.2000
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 Ein e-mail: Warum ich nicht mehr zum Thema Haider sage.
Weil ich alles gesagt habe, was es dazu zu sagen gibt.
Ich habe zu arbeiten, um Haider müssen sich die österreichischen Wählerinnen und Wähler kümmern.
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Der Satz des Tages:
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Irgendeiner platzt immer.
Annegret Held
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In diesem Sinne!
Heiner Link, 24.02.2000
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Merci Sven, merci Hippie, ihr preist mein Talent. Das tut gut, angesichts meiner Steuererklärung. 
Also Leute, ihr müßt schon meine Bücher kaufen, sonst geht hier bald nichts mehr. Es steht schlecht um das große Talent. Ich denke auch daran, irgendeinen Skandal anzuzetteln. Ohne Skandal geht ja heutzutage gar nichts mehr. Und da ich auf dem Gebiet nicht untalentiert bin, dachte ich mir, was spricht denn gegen einen Skandal?
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Wann war das, 97 auf der Frankfurter Buchmesse, glaube ich, da hatte ich die Lebensabschnittsgefährtin des damaligen Programmchefs von Reclam Leipzig mit "Schatzi" angesprochen. Ich glaube, ich fügte sogar ein freundschaftliches "Da geh her" hinzu, geschmeidig wie ich bin. Wie reden Sie denn mit Frau K.? fragte mich der Chef und ich gab ihm einen verschwörerischen Rempler.
Sibylle Berg, die damals breit plakatiert wurde, knutschte ich gleich so ab, daß ihr das Handy aus der Hand fiel. Du mußt zunehmen Süße, raunte ich ihr zu, da ich das Gefühl hatte, einen Werkzeugkasten an mich zu pressen. Wer ist das denn? fragte sie den Chef, da ich nicht plakatiert wurde. 
Es ist ein Wunder, daß ich noch immer beim Verlag bin.
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Gut, aber das nur nebenbei. Ein Skandal muß her. Erbitte also Vorschläge unter dem Stichwort "Skandal". Die besten Vorschläge werden hier veröffentlicht. Bitte keinen anonymen Schweinekram, der fiele mir selber ein.
Heiner Link, 25.02.2000
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 Es bedeutet natürlich für sich selber mehr als für andere ..
Den Rest habe ich grade gelöscht. 
Führt zu Nichts.
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Heiner Link, 26.02. 2000
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Real Madrid gegen FC Bayern, 2:4, endlich mal wieder ein gutes Spiel. Was ich mir jetzt wieder anhören muß. Vor allem von Helmut Krausser und Georg M. Oswald. Lieber Helmut, lieber Girgl, ich gratuliere ja. 
DamenundHerren, ich will gar nicht verschweigen, daß mich die Kollegen ausgrenzen. Nur weil ich ein Blauer bin. Sind ja alles Bayernfans hier. Es schickt sich halt. Alleine Norbert Niemann weiß nicht, was Abseits ist. Mit ihm kann ich über Lessing sprechen, nächtelang. Da gibt es keine Spannungen.
Das ist schon auch angenehm, nicht immer der modischen political incorrectnes ausgesetzt zu sein, sondern ehrlich und unschuldig den Arbeitern vom TSV 1860 München huldigen zu können, an deren Spitze immerhin ein Sozialist wie Karl-Heinz Wildmoser steht. 
Vor diesem Hintergrund zeigt sich natürlich erneut, daß ich alleine die Lage überblicke, daß ich alleine political incorrect bin. 
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Ihr nicht!
Heiner Link, 29.02.2000
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 www.jacobsKROENUNG.de. Da zweifelt man schon an diesem Medium. Lange kann das nicht interessant bleiben. Nichts bleibt im Leben, nur das Normale. Herzinfarkt, Gehirnschlag, Krebs, solche Sachen. Mir schmeckt heute abend der Wein nicht, nur weil ich nachmittags schon welchen hatte, weil ich also mal wieder zuviel wollte. Man kann aber doch gar nicht zu früh anfangen. Es gibt ja keine Abenteuer mehr, und zwar selbst dann nicht, wenn ich in der Süddeutschen auch mal erwähnt bin, verzerrt zumal. Selbst das regt mich nicht mehr auf. Ich hätte gerne wieder Spaß am Schreiben. Da im Winter die Männer keine kurzen Hosen tragen, wäre also der Spaß am Schreiben derzeit mein Anliegen. Was ich möchte, ist, daß es mir wenigstens für einen Satz gelingt, Kraft hineinzulegen, und nicht immer nur Befindlichkeit. Bei ein paar Kollegen müßte ich mich sogar entschuldigen, da sie etwas von mir halten, aber soll ich diese Rührseligkeit auch noch transponieren? Es ist Samstag abend. 
Der Himmel schweigt.
Und ich habe heute wieder keinen Eindruck hinterlassen, nicht einmal einen Witz. Ich habe auch keinen Rost in die Maschinen getragen, obwohl mir dies ein ständiges Anliegen ist. Das ist das Versagen, das ich mir zuschreibe und mich frage, warum ich den gestrigen Abend mit einer wunderbaren Frau verbringen durfte. Natürlich zwei Flaschen Wein, wegen den Schmerzen. Sie verstand.
So kann man natürlich schlecht über Schmerzen schreiben. 
Aber das hätte ohnehin nur mit UHU-Alleskleber zu tun, und ich bin ja zweifelsohne nur an einem guten Satz interessiert. Die Welt plärrt nach Religion, mir aber gehts nur um einen guten Satz.
Nun, der wird mir in diesem Leben nicht mehr einfallen, und ich schiebe das alles auf die Gene. Ich bin doch nicht an mir selber schuld. An allem anderen vielleicht, aber nicht an mir selber. Und wenn hier der Rauch einmeterfünfzig hoch steht, werde ich aufstehen, denn das langt grade noch, um frische Luft zu schnappen. Und wenn hier der Rauch zweimeterig hoch steht, steige ich auf einen Stuhl. Und wenn hier der Rauch zweimeterfünfzig hoch steht, mache ich ein Fenster auf. Es sollte niemand etwas anderes von mir erwarten. Mehr zu leisten bin ich nicht imstande. Erfreulicherweise. 
Heiner Link, 04.03.2000
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Ach, in letzter Zeit geht mir gar nichts von der Hand. Und Gottlieb Wendehals verkündet bei RTL II, er hätte 36 Zentimeter zu bieten.
Ach ja.
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Liesl Karlstadt: Wo kommst denn Du her?
Karl Valentin: Dös könnt' ich Dir gar net sag'n.
Liesl Karlstadt: Du wirst doch wissen wo Du her kommst.
Karl Valentin: Woher soll ich das wissen - wo ich hingeh weiss ich.
Liesl Karlstadt: So? Ja, wo gehst Du denn dann hin?
Karl Valentin: Zum Arzt.
Liesl Karlstadt: Fühlst Du Dich nicht wohl?
Karl Valentin: Im Gegenteil - Unwohl.
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Das trifft's.
Heiner Link, 05.03.2000
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 Der neue Gigahertzchip ist da. Ich arbeite hier stationär immer noch mit 133 Megahertz und habe nicht mal eine Soundkarte. Soundcard, sorry. Ich habe auch keine Sony-Playstation inclusive Zubehör. Meinen Gameboy warf ich schon vor Wochen aus dem Fenster. Wenn ich eines Tages den Fernseher hinterherwerfe, mach ich das Fenster gar nicht erst auf.
Aber noch trau ich mich nicht, da es doch immer wieder auch interessant zugeht. Ich finde es zum Beispiel höchst interessant, wie sich die Teilnehmer von "Big Brother" verhalten, wobei mein Liebling da Szlatko ist. Eine selten doofe Nuß. Besonders unerträglich sind die hilfsbereiten Mädels. Dann diese Jana, ich kann verstehen, warum sie die Liebeskugeln braucht. 
Kurz und gut, ich kann das Geschrei um diese Sendung gar nicht nachvollziehen. Bei Big Brother wird doch alles perfekt vorgeführt.
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Danach kommt gleich Hawai Sex Null. 
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"Was hast du denn, kneifts Höschen?"
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Nö, bei Hawai Sex Null nicht, ehrlich gesagt.
Heiner Link, Rosenmontag 2000
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„Dem vernetzten Dichter ersetzt das Netz des Selbstbezugs die Welt.“ schreibt Iris Radisch in der ZEIT. Wer im gemachten Netz sitzt, schreibt sie weiter, ist für die Literatur verloren. 
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Ich sag es euch allen ganz ohne hohn –
ich treffe ihn immer den richtigen ton
in meinen liedern – meiner werkstatt fron:
in dem metier trag ich den preis davon
nicht nur auf dem papier
ist mein vers zeuge wider jede argwohn
weil ich ihn richtig polier
Weisheit und ehre die habe ich schon
narrheit und schmach aber ist der welt lohn
weil sie dem mut mit ihrer furcht drohn
doch wenn ich nun einer dame beiwohn
schwöre ich dir
daß ich mir auch dann hol meine kron
und nicht verlier
Sagte schon Guihelm IX. im 11ten oder 12ten Jahrhundert.
Heiner Link,  10-03-2000
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Sonntag Nachmittag, ein Tierfilm gegen Depressionen. 
Dann Lektüre:
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...Unkraut: nie werde ich dieses Anblicks satt
er erfrischt mich immer 
denn es ist wenig Heiligkeit
in dem was höheren Glanz hat.
W.C. Williams
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Schön.
Heiner Link, 12.03.2000
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Obacht!
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Man wäre also im Interesse eines vernünftigen Arbeitsklimas in einem kleineren Kollektiv wie hier dazu verpflichtet, relativ gemischte Moralstandards genügend deutlich gemischt und undeutlich genug zu signalisieren, ganz egal, nach welchen Standards man selber realerweise sich zu verhalten meint, um einander möglichst viel Freiheit zu geben, sich so zu verhalten, wie jeder will. Und das heißt im konkreten Fall dann meistens, aus eigenem Interesse an positiver Selbstdarstellung, nicht allzu asozial. Auf die Art entsteht mit der Zeit eine freie Drift in richtung Nichtkaputtheit.
aus "Dekonspiratione", Rainald Goetz
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Was ich da schon wieder Spaß dran habe. Trash pur. Warum gefällt der Iris Radisch das nun nicht? Das ist ja gar nicht nachvollziehbar. Es müßte doch mit der Zeit die freie Drift in Richtung Nichtgefallen um des Nichtgefallenwillens so auffällig werden, daß es sogar der ZEIT auffällt, ganz egal nach welchem Standard sie selber realerweise sich zu verhalten meint. Das müßte doch drin sein.
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Heiner Link, 15.03. 2000.
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"Die Bundesrepublik. 1989. Goethe. Der zweite Weltkrieg. Adorno. Hirsoshima. Woodstock. Und überall ganz groß und dauernd: DAS JAHRTAUSEND. In welchen Zeiten leben wir eigentlich?"
Ja, lieber Goetz, wo bleibt denn da die subversive Leichtigkeit des Seins? Ich weiß es auch nicht. Draußen schauts aus wie im Januar, dabei haben wir schon März und schlechte Luft von all den Dieselmotoren.
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Der Donnerstag ist als Tag wirklich sehr angenehm für mich, weil ich am Freitag immer meinen Bürotag habe, und also am Donnerstag  nie was mache, weil ich mir denke, das machst du alles am Freitag im Büro. Das ist wirklich sehr angenehm. Am Donnerstag denke ich immer nach. An allen anderen Tagen denke ich nur: Geht was, oder geht nix? Wir haben ja alle nicht mehr viel Zeit, da muß man sich schon aufs Wesentliche konzentrieren. 
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Und was machst du so?
Aha. Interessant.
Was grad im Speziellen.
Aha.
Worum gehts?
Hmm.
Ich meine von der Thematik ...
Ach so ...
Und das kann man einfach so machen?
Aha.
Verkauft sich denn sowas?
Echt nicht?
Ja aber ...
Interessant
Du, ich muß jetzt wieder, man sieht sich.
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Oder auch nicht, würd ich sagen. 
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 Heiner Link, Donnerstag, 16.03.2000
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Bayern spielt in Kiew mit der B-Mannschaft, es geht um nichts mehr, zu uninteressant, um mich mit Georg und Helmut zu streiten. 
Habe mir heute nochmal den "Atlas der Poesie" vorgenommen und im Vorwort von Joachim Sartorius ein schönes Wort gefunden: Schädeltheater.
Sehr schön. 
Über sowas kann ich mich noch freuen, ansonsten bin ich grade ganz im Einklang mit Goethe, wenn er sagt: Er hat Sentiment, aber er ist ohne jede Sentimentalität; die Zustände sind männlich und rein empfunden.
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Heiner Link, 22.03.2000
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 Lazarettpoesie nannte Goethe die Texte seiner jungen Kollegen. Auch ein sehr schönes Wort, das mir sicher mal über die Lippen kommen wird, wenn wieder Zeit zum Lästern ist. Man könnte die Leute wohl amüsieren, wenn sie nur amüsabel wären, zitierte er  Wieland. Ich schreibe das gerne zweimal hin, DamenundHerren, damit Sie sehen, wie ich mit Goethe und Wieland kooperiere. Damit das auch mal klar wird.
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So, und nun wieder mal ein Gedicht:
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bläue
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anläufe; anläufe, es ans laufn
zu kriegn; diese blindanläufe für
leitmotive, für handzeichn. reanimations-
versuche am themen-, am textkadaver vorbei
di zungnspizze sichtbar wird: di helfer-
zungn zungnhelfer beim hantieren; dies 
handfläche auf handrükkn pumpm pumpm bis
di rippm knakkn. helfershelferzungn. was
di leistn beim überm herzaas hantiern.
ein schaun, ein schaum in di runde; ein
zukkn mittn schultern, mit den zungn in
stillem, ständig wiederkehrendem licht.
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Thomas Kling
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Reanimationsversuche am Themen-, am Textkadaver vorbei, das gefällt mir schon ziemlich gut. Ich bin ja der Sohn eines Baggerführers. Ein großartiger Beruf. Eine Betätigung. Bierfahrer war er auch, mein Vater, da bietet sich natürlich ein Witz an. Muß aber nicht sein. Hier wird genug geblödelt. Gott sei Dank, denn wie wäre sonst alles auszuhalten? 
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Hier im Netz kann man ja hantiern. Changschiern. Und deshalb überführe ich jetzt eine Geschichte, die unter "Aktuelles" bereits steht, hier in diesen html-Bereich. Lästert nur, rümpft die Nase, ich habe meine Gründe.
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GESCHICHTE AUS DEM WIENERWALD 
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War nach längerer Zeit mit den Kindern mal wieder im Kino. Der Gigant aus dem All. Gar nicht schlecht gemacht, ich staune inmmer wieder, wie literarisch Kinderfilme sind. Den Kindern will man scheinbar noch was mitgeben, bei den Erwachsenen hat man es offenbar aufgegeben. Jedenfalls wollte mein Sohn Gummibärzeugs, so grüne Ringe, und wer bin ich, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. Ich schlug zwar ein Milkyway vor, aber er wollte eben grüne Gummibärringe, und dann versanken wir im Charm dieses gutmütigen, 15 Meter hohen Eisenmonsters. Anschließend hatten wir Hunger, und gingen in einen nahegelegenen Wienerwald. Und hier mußte ich gleich die erste Katastrophe zur Kenntnis nehmen: es gibt eine neue Speisekarte und damit meine "Tessiner Rösti" nicht mehr. Muß sich immer ständig alles ändern? Aber gut, dies nur nebenbei. Ich bestellte dann den Ersatz (Wienerwald Rösti), eine lächerliche, gemüseaufgepeppte Variation, mein Sohn wollte nur einen kleinen Teller Pommes Frites. Ich haderte mit den nach nichts schmeckenden Zucchini, und tadelte meinen Sohn, der schon nach ca. fünf Pommes Frites vorgab, sattt zu sein. So gehts nicht, sagte ich, das süße Pappzeug reinschlingen, und dann keinen Appetit mehr auf gesunde Nahrung haben. Wieviel muß ich noch essen, fragte er mich. Iß halt noch ein paar, sagte ich, und er setzte tapfer an. Und dann kotzte er den ganzen Tisch voll. Es kam erst gelbbraun, dann schaumig, dann giftgrün, und zum Schluß farblos. Er stand da und kotzte stehend alles in seinen Teller. Zwischen den Schüben sah er mich verzweifelt an. Man glaubt ja nicht, was sich im Magen eines 8jährigen mengenmäßig befinden kann. Meine Tochter wandte sich ab, das Zeug tropfte vom Tisch, und Moritz sagte: Das wars jetzt. Jetzt kommt nichts mehr. Ein paar Leute schauten rüber, ich schaute zurück und säuberte ihn, so gut es ging. Ist das peinlich, sagte er. Ich drückte ihm die letzte Papierserviette in die Hand und bat ihn, sich nicht zu rühren. Dann suchte ich den Kellner, aber Wienerwaldkellner erscheinen nur viertelstündig. Dürfte ich sie mal kurz beanspruchen, sagte ich schließlich, und der Kellner warf einen Blick über seine Schulter, komme gleich, sagte er, die Situation offensichtlich nicht realisierend, und das bedeutete eine weitere Viertelstunde. Ich hatte keine Papierservietten mehr und das Zeug tropfte vom Tisch und mein Sohn sagte, es tut mir leid Papa. Ich hätte gerne eine geraucht, aber das schien mir nicht passend zu sein. Setz dich hin, sagte ich, aber er wollte stehen bleiben. Er erwartete den Kellner. Als der endlich kam, sagte er, ach so, er hat gebrochen. Ja, ich habe gebrochen, sagte mein Sohn, und dann dauerte es keine Viertelstunde mehr, und ich kriegte eine Papiertuchrolle und einen blauen Müllsack in die Hand gedrückt. Bitte alles da rein, hieß es, mitsamt dem Teller. Und dann haben wir Teamwork geleistet, ich und mein Sohn, und ich gab 5 Mark Trinkgeld, und beim Rausgehen sagte Moritz: Papa, es wird mir eine Lehre sein, seine Hose stank entsetzlich, und er nahm mich an der Hand, während wir an Sexreklame vorbei zur S-Bahn gingen. Und im Zug saß er mir dann gegenüber, das linke vollgekotzte Hosenbein zum Trocknen lang gestreckt und sah an die dreckige schwarze Fenterscheibe, die gar nichts bot. Und deshalb habe ich heute geweint.  
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Heiner Link, 23.03.2000
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Ja also, die Zahlen sinken. Das ganze Unternehmen hier wird zunehmend schwieriger. Keine Ahnung, wie lange ich noch Chefredaktör sein werde. Dem Kollegen Oswald hat man wahrscheinlich gekündigt, und ich sitz hier und warte, bis man mir den Saft abdreht.
McKinsey
cKinsey
Kinsey
insey
nsey
sey
ey
ey, ey, das könnte blöd ausgehen. Ich muß irgendwie Werbung machen. Aber ich kenn mich da nicht aus. Dem müßte ich ein Brieferl schicken und jener natürlich auch, und da sollte ich mich unbedingt mal hinwenden und dort erst.  Dabei interessiert mich nur der blaue Schatten des Schnees.
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manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht 
velwechsern
werch ein illtum!
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Ernst Jandl
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Wer sonst?
Heiner Link, 27.03.2000
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 .e-mail aus Paderborn: ... kann ich mir nicht vorstellen, daß das tatsächlich ihrem Privatleben entspricht. Es ist ja auch kein richtiges Tagebuch, das der Nachwelt den Schriftsteller Heiner Link präsentiert ...
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Nein, mein richtiges und privates Tagebuch sieht anders aus:
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28.03.
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Wegen Sabine in der Bongobar. Wodka Lemon. Verbrüderungsszenen am Ostbahnhof. Letzte S-Bahn verpaßt. Den Taxifahrer zu einem Absegler im Pasinger Stüberl überredet. Seitdem Hausverbot.
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01.04.
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Stimmen. Ich nenne eine Ballantines, die andere Dschonnie.
Schwer getrunken. Angst im Treppenhaus. Erst Angst, dann Sturz.
Schulter ausgerenkt.
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02.04.
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Kopfschmerzen. Jubel. 
Daß das noch möglich ist.
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04.04.
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Klosterfrau Melissengeist. Schmeckt besser als Rasierwasser. (Für Notfälle mal angetestet)
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07.04.
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Über meine Sonderstellung (NZZ) nachgedacht. Aber nicht lange. Gelage mit Georg. In der Fußgängerzone mehrere fremde Frauen angesprochen. Schnittwunde. Regenschirm.
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10.04.
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Nur noch Bourbon im Haus. Ging aber mit viel Eis. Meine Augen werden immer schlechter. Zog deshalb schon nachmittags alle Rolläden herunter und rauchte im Dunklen eine Havanna. Sehr nachdenklich.
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11.04.
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Whisky kaufe ich abwechselnd im SPAR, Tengelmann, und an der FINA-Tankstelle. Fällt dann nicht so auf. Wein kommt vom Versandhandel.  Liebeskummer. An feste Kost heute nur Vitamin-C-Tabletten.
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13.04.
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Schwerer Sturz im Arbeitszimmer. Dabei eine ganze Flasche Williams Birne verschüttet. Es riecht jetzt sehr angenehm. Haß- und Mordgedanken. Steige von REVAL auf Marlboro Medium um.
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17.04.
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Schwer angetrunken telefonisch ein Radiointerview gegeben. Dabei die Postmoderne gepriesen. Danach ultimativer Kick. 5 Tassen Kaffee mit Kognak, Mischungsverhältnis 1:1. 
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19.04.
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Filmriß. Es fehlen 24 Stunden. Habe aber nicht das Gefühl, das wirklich etwas fehlt.
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20.04.
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Blut im Klo, Prostata, Hoppala. Belgisches Bier probiert. Zwecklos.
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22.04.
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Brief vom Deutschen Literaturfonds. Scheint echt zu sein. Lasse ihn von meiner Frau vorlesen. Champagner. Nachts nochmal spät raus, um einen Baum zu umarmen.
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25.04.
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Nüchtern ins Bett! Um 3 Uhr hellwach. Eine Flasche Riesling Kabinett innerhalb weniger Minuten. Dazu Catull-Gedichte gelesen. Dann Alptraum.
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26.04.
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Der Briefträger hält bei der Übergabe eines Einschreibens deutlichen Abstand. Wirres Fax an die Süddeutsche. Versehentlich Balsamico-Essig getrunken.
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28.04.
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Vormittags nur Weinschorle. Bin stolz auf meine Disziplin. Nachmittags einen Stuhl auf die Straße gestellt. Darauf ein Zettel: Komm zurück!
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30.04.
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 Flaschendepot teilentrümpelt. Fast nur Braunglas, Ballantines. Nachdenken über den Standpunkt außerhalb der Philosophie, den gesunden Menschenverstand. Dabei wieder mal eine Brille zertrümmert.
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02.05.
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Party bei Freunden? Hatte Flachmann mit. Spät dann noch ein Gespräch mit Jesus, der mir eine große Zukunft prophezeite und mich hinsichtlich meiner Sonderstellung in der deutschen Literatur beruhigte. Johannes stieß hinzu und taufte mich mit Eiswasser.
Prellungen vom Schlafen auf Parkettboden.
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04.05.
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Viel gelacht über Georg Trakl. Abends Kinobesuch mit Freundin. Eingeschlafen. Anschließender Annäherungsversuch gescheitert. Helle Blitze am Himmel, der mir grün vorkam. Blutsbrüderschaft mit dem Taxifahrer.
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05.05.
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Schwer getrunken. Für 1200 Mark Bücher beim ZVAB bestellt, außerdem neue Unterhosen, Größe 8, reine Baumwolle.
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06.05.
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Fremde Männer im Haus. Suchte nach Waffen, fand aber nur ein Stück Holz. Frau aufgeweckt, aber nicht Polizei angerufen. Dann nachgeschaut, woher das Wort ALARM kommt: 
Aus dem Italienischen.
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08.05.
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Mal wieder Rotwein, wegen der Verdauung. Versuch einer Ordnung gescheitert. Encyclopedia of Golf gelesen. Notizen allerdings unleserlich. Da doch auch Ballantines.
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.09.05.
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Mit dem Pabst beim Golfspielen gewesen. Birdie am 6ten Loch, ein wunderbarer Traum. 
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12.05.
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Hennessy bringts nicht. Überhaupt, merkwürdiger Tag ohne jede Sexsucht. Beim Einkaufen gegen parkenden Wagen gelaufen. Eine Flasche 97er Chateau Moysson Bel Air zerbrochen. Wunsch zu sterben.
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16.05.
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Delirium grande. Fortbewegung innerhalb des Hauses auf allen Vieren. Das Hirn wummert. Fünf Frauen telefonisch zum sofortigen Beischlaf aufgefordert. Dann mit Sohn Rechnen geübt.
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17.05.
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 Einladung an einer Anthologie mitzuwirken. Abgelehnt. Lesung in Kaiserslautern, DM 300,-. Abgelehnt. Literaturhaus? Abgelehnt. Internetprojekt. Abgelehnt. Über meine Schürfwunden nachgedacht.
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19.05.
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Zahlreiche Stimmen und Erscheinungen. Auch Napoleon.
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20.05.
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Anruf beim Verlag mit verstellter Stimme.
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21.05.
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Einen Kunstforumband von vorne bis hinten gelesen. Dann Kapitalrausch. Spät nachts mit verschiedenen Werkzeugen versucht, ins eheliche Schlafzimmer einzudringen. Dabei das Schloß so stark beschädigt, daß meine Frau den Schlüsseldienst rufen mußte. Im Keller versteckt.
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23.05.
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Wurde auf offener Straße mit offener Flasche gesichtet. Besorgte Telefonate. Magen ausgepumpt.
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25.05.
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Experimente mit Robert Walser und Kräuterlikör. Fehlgeschlagen.
Handke und Birnenschnaps funktioniert.
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27.05.
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Krämpfe. Trudeln. Sturz. Schlafen. Im Bett ists doch bequemer. Fand im Gästezimmer endlich die Flasche Whisky, die ich vor einem Jahr versteckt hatte.
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28.05.
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Wollte mal wieder ausgehen. Schaffte es bis zur Bahnhofswirtschaft, in der ich Rudi kennenlernte, mit dem ich einige Kleidungsstücke tauschte.
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01.06.
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Zahnfleischbluten. Wodka desinfiziert. Nachmittags lag ich etwa eine Stunde in der Garage neben den Winterreifen. 
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02.06.
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Gedichte von Thomas Kling gelesen. Dazu Havanna Club, five Years old. Verschiedene Dinge aus dem Fenster geworfen, auch Texte und leere Flaschen.
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04.06.
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Viel Wein. Experimente mit diversen Mundwassern. Dann durchs ganze Haus gegangen und alle Lichter angemacht. Anschließend polnischer Wodka im Geräteschuppen. Lektüre: Gedichte von Erich Fried.
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05.06.
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Spreche meine Frau direkt auf ihr Verhältnis mit VHS-Kursleiter an. Ergebnis: Beschwerden wegen Zigarrenasche im Haus und leeren Flaschen unter der Tujenhecke.
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08.06.
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Wieder geweint. Einige Harvey Wallbanger getrunken. Meine Tochter erwischte mich bei einem Gespräch mit Klopstock.
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Ich öffne ja gerne meine Schatzkiste. Mit schönen Grüßen nach Paderborn.
Heiner Link, 28.03.2000
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 Ich möchte wieder malen. Konkrete Idee, Heinz Rühmann via Diaprojektor im Dunklen an die Leinwand zu werfen und ihn dann zu spachteln. Tolle Idee. Schöne Zeiten waren das, wild und ohne jedes Kalkül. Im Dunklen zu malen ist überhaupt das Größte. Nur ein schwacher Lichtschein auf die Leinwand gerichtet, man ahnt  Farbe, dahinter Musik und Stimmung. Und die Ästhetik des Spachtelns. Und dann der Morgen, Tageslicht, das Betrachten der Arbeit, die verrückten Farben.
Schön.
Ich habe eine beträchtliche Anzahl von Scheißbildern gemalt, aber ich hatte immer großen Spaß daran. 
Wenn Sie verstehen, was ich meine.
Heiner Link, 30.03.2000
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Plagiat, sagt einer zu meinem Sauftagebuch. Dabei habe ich es nicht nur viel besser gemacht als Eugen Egner (und das in ca. 1 Stunde am Sonntag Nachmittag), sondern werde erst noch richtig ausholen. Aber so sind die Popp-Kameraden. Unlässig. Eitel. Siebengescheit. Wahrscheinlich sogar Achtgescheit.
Weiß man nie so genau.
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Herbstmorgen in Holland
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Die Nebelkuh
am Nebelmeer
muht nebel mei-
nem Bahngleis her
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nicht "neben", denn
wo Nebel fällt,
wird auch das n
zum l entstellt
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Erich Fried
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Verstehst?
Heiner Link, 31.03.2000
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 Herzflattern. Kreislaufprobleme. Liebeskummer. Und ich trau' mich nicht anzurufen. Ja, gut, warum soll ich andere Probleme als der Durchschnittsmensch haben? Hab ich nicht. Ich welke ebenso dahin. Grau ist alles um mich und auf die Wettervorhersage ist kein Verlaß. 
Nie Verlaß gewesen. 
Höre viel Musik.
Heiner Link, 02.04.2000 
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 Immer wenn ich deprimiert bin, schaue ich in den Ikea-Katalog. Ausserdem habe ich mir heute eine anständige Bratpfanne gekauft. Man ist ja gar kein Mensch, ohne eine gescheite Bratpfanne. Das Ding hat mindestens acht Kilo. Derart bewaffnet fragte ich dann im Zeitlungsladen nach der bekannten italienischen Sportzeitung. Siehe da, die Rentner gingen mir artig aus dem Weg. 
Das Leben ist großartig. 
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Heiner Link, 03.04.2000 
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Ein Online-Ticket-Service wird hier nicht eingerichtet. Auch nicht in Kürze. Und ich schreibe das alles hier höchstselbst, altmodischerweise. (Für die Insider)
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Was könnt' ich Euch denn heute berichten? Hatte gestern eine außerplanmäßige Lesung mit Ralf Bönt in der BongoBar. Marcus Braun mußte verletzt absagen, und ich bin ja der Thomas Häßler unter den Literaten. Ein Regisseur im vorgerückten Alter, der den ganzen Tag auf dem gepackten Köfferchen hockt und auf einen Anruf des Teamchefs wartet. (Für Freunde der Literatur und des Fußballs)
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Also, gestern, so gegen 10, ich träumte gerade von, na ja, klingelt "der Telephon", und Volker Isfort von der Abendzeitung ist dran. Ob ich einspringen könnte. Klar, sag ich, wie weit muß ich denn "hupfen"? So bin ich. Ein Profi durch und durch.
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Wurde dann schon nach einer Viertelstunde ausgewechselt, nahm aber noch sechs schnelle Weißwein mit, Groupies waren auch keine da. 
Mit einem Wort: Was mir fehlt, ist der Kultstatus. Einen Kultstatus wenn ich hätt', wär' alles viel einfacher. (Für Freunde der bayerischen Syntax)
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Nun zur Arbeit:
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Identität ein Gedicht
Szene III
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Und der Geist des Menschen
Chor  Und der Geist des Menschen
Tränen  Und der Geist des Menschen.
Chor  Ja und der Geist des Menschen
Natürlich der Geist des Menschen
Hat der hat das irgendwas zu tun mit ich bin ich weil mein kleiner
Hund mich kennt.
Was ist der Chor.
Chor  Was ist der Chor.
Jedenfalls ist da das Problem der Identität.
Was nützt es ein kleiner Junge zu sein wenn man groß werden und
ein Mann sein muß.
Chor  Nein der Hund ist nicht der Chor.
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Gertrude Stein.
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 Ja, langsam kommen wir hier zu Potte. Es geht um den kleinen Hund. Was ist der Chor? Der Hund ist jedenfalls nicht der Chor. Soviel steht fest.
Heiner Link, 06.04.2000
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Pool-Party im Münchner Literaturhaus. Es lasen mehrere Autoren. Es trank Heiner Link. Und dann dies:
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 .Also, es war so, daß ich mit Andrea (vergib mir, wenn Du Ursula heißt, oder Schaklin) geflörtet habe, aber Andrea fand mich nicht so toll, also war da eine andere mit einem kurzem Rock, so Sechzigerjahrefrisur, mehr weiß ich nimmer. Ich jedenfalls immer wie immer die alten, betrunkenen Männer sind, so mit antatschen und erweiterten Pupillen und praktisch parat, ja, und dann kam so ein Typ daher. Man sah gleich, der gehört auch dazu. Ich mag das ja nicht, ich bin ja mit den Mädels immer ganz gerne für mich. Kam jedenfalls dieser Typ daher, und ich sagte nur: Helmut, schaff das Teil weg, aber Helmut schaffte mich hinaus in die dunkle Nacht. Ich kannte mich gar nicht mehr aus, wie immer, und ich sagte, Helmut, es ist so dunkel, aber Helmut sagte immer (sagte er mir heute zumindest, und ich bin geneigt ihm zu glauben) es wäre alles in Ordnung, Helmut, sagte ich, bist du sicher, schließlich muß man im Leben differenzieren, aber Helmut drückte mich in dieses Auto, ein älteres Modell glaube ich, ich habe dann pflichtgemäß nach vorne geschaut, am Steuer saß eiseisbaby, und daneben rutschte seiner Freundin der Rock hinauf, daß ich mir dachte, das Leben ist großartig. 
Ich hätte ja die Hände jederzeit um des Fahrers Hals legen können, habe mich dann aber an Helmuts Schulter gelehnt, weil ich mir dachte, gut, das Leben ist großartig, aber die Möglichkeiten sind begrenzt. Es liegt an einem selber, die Phantasie galoppieren zu lassen. 
Und dann waren wir plötzlich in Germering, und man rief ständig ins Auto hinein. Aussteigen hieß es. Heiner! Aussteigen! 
Ich wollte aber nicht aussteigen. 
Weil ich ein Romantiker bin.
Das verstand man natürlich nicht. Ich habe dann auch gleich mit dem rumänischen Taxifahrer gerauft. Der wollte mich heimbringen. Helmut ging halbherzig dazwischen, Helmut, sagte ich, wenn ein Mord fällig ist, dann jetzt, und das verstand er auch umgehend 
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und seitdem besitzen wir ein Taxi
Helmut und ich
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Heiner Link, 12.04.00 at 23:53:37
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Lieber Heiner,
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es stimmt nicht. 
Du hast es versucht, aber den Rumänen getroffen hast du nicht.
Es war schon sehr, sehr nett von ihm, dich trotzdem noch nach Eichenau zu fahren. 
Als du mich gestern gefragt hast - vor deinen Kindern - ob das Taxi in meiner Garage steht, habe ich halt ja gesagt. 
Aber da steht es nicht. 
Ich habe folgerichtig auch die 'Blutspuren nicht aus den Polstern entfernt'. Ebensowenig, wie ich 'Ceaucescus Leiche verbuddeln' mußte. 
Nein, Heiner. Wir haben kein Taxi. Das ist die Wahrheit. Aber du darfst mich weiterhin 'Herr Geheimrat' nennen. Darauf kommt es nun nicht mehr an.
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Helmut Krausser, 13.04.00 at 12:37:56
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 .Gestern abend die Rolf-Dieter Brinkmann-Nacht im Atomic-Café in München. War nett. Norbert hat den Plane-Too-Song aus Westwärts 1&2 mit Gitarre und Gesang perfekt vorgestellt, und ich habe Brinkmanns Austrittszeugnis aus dem Gymnasium vorgelesen. Danach natürlich auch noch mein eigenes. Zum Vergleich. Wir sind ja beide nach der 10ten gegangen worden. Ich bin dann zwar Jahre später wieder auf die Schule, was sich Brinkmann geschenkt hat. Dafür war sein Versuch, im Finanzamt Oldenburg eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen, mindestens so lächerlich, wie meine 6 Semester Betriebswirtschaft. Mindestens. 
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Traf ein paar nette Leute, leider auch den ewig dumm-dreisten und lächerlich eingebildeten Karl Bruckmaier. Ich befürchte ja zutiefst, daß der beim Zündfunk hängenbleibt. Na ja, mehr als zweieinhalb Zeilen ist er mir hier nicht wert.
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Es gibt aber schon Leute, denen ich Berufserfolg gönnen würde, keine Frage. 
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Helmut hat mich wieder gut heimgebracht. (Danke, Herr Geheimrat!) Ich kann gar nicht mehr ohne Helmut ausgehen. Treffe ohne Hilfe nicht ins Taxi hinein. Von Gilching dann ohne Helmut aber mit Norbert nach Eichenau. Ich erklärte dem Fahrer den Weg, dieser aber schien mir nicht recht zu trauen. Sind sie sicher, sagte er andauernd. Sind sie sicher. Sind sie sicher. Die Uhr stand schon bei über 50 Euro. Sind sie sicher, sind sie sicher. Das reinste Nervenbündel. Bis ich dann sagte: Norbert: Tu den Revolver raus! Da hat er dann schon ein bißl gezuckt, aber wir mußten gleich so lachen. 
Und dann war er sich auch sicher. 
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So. In Zeiten der T-Aktie wollen wir die Lyrik nicht vergessen:
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DIE KRÜCKEN
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Sieben Jahr wollt kein Schritt mir glücken.
Als ich zu dem großen Arzte kam
Fragte er: Wozu die Krücken?
Und ich sagte: Ich bin lahm.
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Sagte er: Das ist kein Wunder.
Sei so freundlich, zu probieren!
Was dich lähmt, ist dieser Plunder.
Geh, fall, kriech auf allen vieren!
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Lachend wie ein Ungeheuer
Nahm er mir die schönen Krücken
Brach sie durch auf meinem Rücken
Warf sie lachend in das Feuer.
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Nun, ich bin kuriert: ich gehe.
Mich kurierte ein Gelächter.
Nur zuweilen, wenn ich Hölzer sehe
Gehe ich für Stunden etwas schlechter.
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Bertolt Brecht
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 Wenn das nicht gut ist, freß ich ein paar Hölzer.
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Heiner Link, 18.04.2000
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Auch ein Gedicht:
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 Wer jung ist, hat mehr Geschmack als Geld
Das wird ja immer schöner!
Das ist schon ein starkes Stück!
...am wenigsten Geld
...Sortiment und Farbe
Sind wir nicht gut in Form?
Wir ruhen uns nicht auf unseren Polstern aus.
Wieder mal ... gegen den Strom
83/84
84/85
85/86
87
88
89
Garantie
91
92
Garantie
Garantie
95
1275,-
1198,-
398,-
Der schönste Ort der Welt. Zuhause.
Entdecke die Möglichkeiten
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25 Jahre IKEA
("Danke für 25 Jahre Schleppen, Schrauben, Staunen und Freuen.")
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Heiner Link, 18.04. 2000
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Schickt mir Helmut grade per e-mail, handabgetippt:
("wie versprochen" schrieb er)
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von frauen
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nichts können sein besseren einen mann denn onaniste,
   der lassen
allein denen frauen ihneren stinkenen futten, der lassen
    ihn
ihneren emanzipationen, ihneren rühren-nicht-an-mich-
    brusten;
der ihneren bauchen keinen einfüllen einen brut, denen 
   der frauen
dann rausscheißen in geburten und sich ankleben mann
   seinen lebenlang
und der roboten für frauen und brut und hören ihnen
   schreienen: nix
gut du nix gut, und immer dann trockenwischen er den 
   geschwollenen
blauenroten wangen an denen heulige, denen außen
  posaunenen
daß es sein einen rechtenlosen verquäligsten
   unterdrückenen
bis pressen er sein lippen auf den hand denen sauen.
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Ernst Jandl. 
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Das iss nicht leicht abzutippen. 
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Heiner Link, 21.04.2000
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Ich bin ich weil mein kleiner Hund mich kennt.
Chor  Das beweist nichts über dich es beweist nur etwas über den Hund.
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Der kleine Hund erscheint aber nicht denn wenn er es täte gäbe es nichts zu befürchten.
Hunde riechen wie Hunde
Und Menschen riechen wie Menschen
Chor  Und ist die menschliche Natur überhaupt nicht interessant.
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Jeder der einen Großvater hat hat einen Urgroßvater gehabt und dieser Urgroßvater hat einen Vater gehabt. Das gilt eigentlich auch für eine Großmutter die eine Enkelin war und Großvater hatte einen Vater.
Chor  Das kann kein Hund sagen.
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Ein Mann kommt.
Ja, es nützt eine Menge wenn ein Mann kommt aber wird er überhaupt kommen und wie gefällt es dir wenn er kommt und aussieht wie ein anderer Mann.
Chor  Käme er nicht. Wie sähe das aus?
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Und dann die Atemnot.
Der Ball hat den Hund in Atemnot gebracht!
Und so streunt der Hund herum
Niemand der einen Hund hat kann ihn vergessen
Chor  Es gibt keine Erinnerung im Geist des Menschen
 .
Und macht ein Hund ein Geräusch
außer vielleicht wau wau
und ist das dann mein Publikum
und bin ich dann ich neben dem Hund
Chor  Ach wirklich Wie fein das gesagt ist.
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Heiner Link, 23.04. 2000
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Lieber Girgl, willst Du Dich nicht noch einmal melden? Noch ein einziges Mal? Du mußt auch nicht unbedingt etwas über Deinen Hund sagen. Die Zustände sind ja vielfältig. Es ist ja alles so farbenfroh, daß mir selber auch kein unifarbenes Bild gelingt. Nicht einmal mir, der ich wirklich fliegen kann, an manchen Wochentagen. Gestern zum Beispiel habe ich meine Runden über Berlin gedreht. Überraschend langweilig, das muß ich schon sagen. Fliege ich dagegen in eine Bank hinein und sehe einen hübschen Hintern, habe ich schon mal einen Teil des Problemes fixiert, der aus der Vogelperspektive über Berlin doch arg verkleinert, obwohl natürlich viele Baustellen ins Auge fallen, so ist es ja nicht. Insofern will ich Berlin dann doch nicht kritisieren. Entschuldigung, aber ich bin ein wenig aufgeregt.
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Was wollt ich denn jetzt noch, was liegt mir denn andauernd auf der Zunge, richtig, ich werde doch noch die Stelle in Frank-Wolf Matthies' Buch AENEIS finden. Nicht. Gut, vielleicht krieg ich es aus dem Gedächtnis hin. Es fing irgendwie so an: 
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Zwischenspiel: Mandolinen und Mondschein. Bitte ankreuzen!
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1) Beim Onanieren habe ich ein Gefühl der Zufiedenheit.
2) Ich onaniere gerne.
3) Ich onaniere gegen meine Depressionen.
4) Ich onaniere auch in der Badewanne.
5) Ich onaniere aus einem großen Freiheitsgefühl heraus.
6) Ich onaniere, um meinen Erfahrungshorizont zu erweitern.
7) Ich onaniere, um mich theoretisch auszudrücken.
8) Ich onaniere, weil ich Erfolg haben will.
9) Ich onaniere regelmäßig.
10) Ich onaniere auch mit dem Autoschlüssel in der Hosentasche.
11) Onanieren hat für mich etwas mit Frieden zu tun.
12) Ich onaniere, weil mich das Thema interessiert.
13) Ich onaniere zusätzlich.
14) Ich onaniere ergänzend.
15) Ich onaniere glänzend.
16) Ich onaniere schadenfroh.
17) Ich onaniere, weil das kreativ ist.
18) Ich onaniere nie zu Musik.
19) Ich onaniere, um Ängste abzubauen.
20) Ich onaniere auch vor meinem kleinen Hund.
21) Onanieren hat für mich etwas mit Glücksseligkeit zu tun.
22) Ich onaniere auch aus finanziellen Gründen.
23) Ich onaniere, um die Enge meines Lebensraumes zu überwinden.
24) Ich onaniere, um eigene Vorstellungen durchzusetzen.
25) Ich onaniere, um mich zu vergewissern.
26) Ich onaniere auch stehend.
27) Ich onaniere aus hormonellen Gründen.
28) Ich onaniere im Wettlauf mit dem Zeitgeist
29) Ich onaniere, weil ich für die Möglichkeit dankbar bin.
30) Ich onaniere schnell und langsam.
31) Onanieren hat für mich etwas mit Würde und Menschlichkeit zu tun.
32) Ich onaniere, seit ich geschlechtsreif bin.
33) Ich onaniere aus Gründen der Anerkennung.
34) Ich onaniere, um letzte Zweifel auszuräumen.
35) Ich onaniere, weil das komisch ist.
36) Ich onaniere nie zu bestimmten Zeiten.
37) Ich onaniere vor der Schreibmaschine.
38) Ich onaniere, um meinem Dasein einen Sinn zu geben.
39) Ich onaniere, um eine Gegenöffentlichkeit herzustellen.
40) Ich onaniere, um mich emotional zu orientieren.
41) Onanieren hat für mich etwas mit Improvisation und Spontaneität zu tun.
42) Ich onaniere auch im Ausland.
43) Ich onaniere auch mit Vorlage.
44) Ich onaniere, weil es gesund ist.
45) Ich onaniere im Alter zunehmend.
46) Ich onaniere aus Gründen der Neugierde.
47) Ich onaniere, um eine Schuld zu tilgen.
48) Ich onaniere, um frei zu werden.
49) Ich onaniere, um Beziehungen herzustellen.
50) Ich onaniere aus Gründen des Ehrgeizes.
51) Onanieren hat für mich etwas mit Streßabbau zu tun.
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 So ungefähr war das. 
Heiner Link, 24.04.2000
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 Ich will auch mal nach Bangkok. Aber die Drogen und die Mörder und das Essen und das alles. Und dann kenn' ich mich am Flughafen nicht aus. So fängt's schon mal an. Wär vielleicht doch zu aufregend für mich. Zum Maisinger See finde ich ohne Probleme. Da fall' ich auch nicht auf, mit meiner Lederhose.
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Schade. Bangkok, das wär's schon gewesen. Mit Elke und Sven und so weiter, und den Drogen natürlich. Dem Christian Kracht am Strand das Schuhplatteln beibringen, meine Herren ... Das würde in die Literaturgeschichte eingehen. 
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Genau besehen bietet das Leben schon Möglichkeiten, aber der Maisinger See hat einen schönen Biergarten
und dann muß man immer die allgemeine Lage seh'n:
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rom & wien
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alle wege führen nach rom
daher hat rom
keinen sessellift
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wien hat einen sessellift
dafür hat rom
keinen wiener bürgermeister
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(Hermann Jandl)
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Und ich gehe ja ohne HelK gar nicht mehr aus. 
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Heiner Link - 28.04.00 at 00.23.17
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Es muß jetzt bald ein Ende her, da ich schon mit den Nerven zu tun habe. 
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Martin ruft an und sagt: Sehr schön. Jetzt müssen wir das bloß noch rund machen. Er ruft aus einer Telefonzelle an, von wo aus er auf sein Taxi wartet. Es gäbe auch negative Stimmen, sagt er, klar. Er will mir eine Freude machen. Aber wie darf ich das verstehen. Ich bin doch kein heiliges Kugellager. 
:
Das hier ist nicht die Straße, die zur Ewigkeit führt. Es handelt sich um eine ganz gewöhnliche Straße. 
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Und ich will nur sagen: wenn sie den Reden des Herrn noch länger lauschen, sind sie verloren.
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Aber wer ist der Herr?
Mein Gott, das weiß man doch aus dem Religionsunterricht.
Nicht zwingend, mein Herr, nicht zwingend.
Gott steckt in allem. Im neuen BMW Cabrio, in einer jeden Abteilungsleiterposition. Sehen sie diesen 100-Mark-Schein?
Selbstverständlich.
Auch das ist nichts anderes als Gott.
Dieses Stück Papier soll Gott sein?
Selbstverständlich.
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An dieser Stelle unserer kleinen Unterhaltung ließ mein Gegenüber gekonnt eine verchromte Fahradklammer ins Hosenbein schnalzen. Ein Zeichen des Aufbruchs.
Das Landratsamt, sagte ich, werden sie auf diesem Weg nicht finden.
Aber ich suche doch gar nicht nach dem Landratsamt.
Das sagen alle, sagte ich.
Aber ich schwöre es, bei meiner Luftpumpe.
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Erst jetzt fiel uns die Landschaft auf, die uns umgab. Eine parkähnliche Marschlandschaft, Menschenansammlungen, der Wind trug rufende Stimmen kühn zu einem grotesken Konzert zusammen, Vögel fielen wie geworfene Kanonenkugeln durchs Bild. Es schien fünf Uhr nachmittags zu sein. Am Horizont suchten ein paar Krähen das Weite.
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Wie heißen sie, fragte ich ihn.
Er wußte es nicht.
Fangen sie nicht an, bockig zu werden, sagte ich. 
Nicht ohne Entrüstung. 
Er schwor es bei seiner 21-Gang-Schaltung.
Sein Lächeln gefiel mir nicht. Personal, das so spät auftritt, hat meist nichts Gutes zu bedeuten.
Glauben sie nicht, den Fall nun abschließend ratifizieren zu können, fragte er. 
Na bitte.
Es muß alles seine Ordnung haben, sagte er. Ich schlage daher vor, daß wir eine Tabelle erstellen. 
Eine Tabelle?
Jawohl, eine Tabelle. Mittels einer Tabelle läßt sich aus unterschiedlichsten Ausgangswerten jederzeit ein schlüssiges und nachvollziehbares Bild darstellen.
Mit Grafik?
Selbstverständlich.
Temperatur?
Siebzehnfünf.
Ich hätte Neunzehn geschätzt.
Siebzehnfünf ist Anfang Mai nicht ungewöhlich niedrig.
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Heiner Link, 02.05.2000
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Genf, Samstag,  6. Mai 2000, Hotel Crowne Plaza, 21.12 Uhr, Zimmer 222 (Raucherzimmer), Welcome, Mr. Heiner Link! 
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Was soll ich mir Genf anschaun? Warum sollte ich mein Hotelzimmer verlassen? Ich fühle mich ganz wohl hier. Alleine (Goethe) was ich nicht verstehe: Wie kommt ein Mann wie Wolfgang Hilbig mit dem Inhalt einer Hotelzimmerminibar aus?
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Es ist bekannt, daß jemand, der jemand ist, niemals alleine ist. Nur wenn sein Hündchen nicht da ist, ist er allein. Der kleine Hund dagegen ist doch nicht allein. Wäre er allein, wäre er gar nicht da, das ist doch klar. Die generelle (sagen wir mal pc-korrekte) Ablehnung von Hotelzimmern als gemütliche Wohneinheiten also hat angesichts dieser Erkenntnis etwas reichlich unlogisches, gelinde gesagt. Aber lassen Sie mich vorauseilen und ein letztes Gedicht an Sie richten: 
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Der Tag, an dem das   verschwand
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Am Tag, an dem das    verschwand,
da war die  uft vo   K agen.
Den Dichtern, ach, versch ug es g att
Ihr Singen und ihr Sagen.
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Nun gut. Sie haben es ver oren
Etwas Neues schien geboren
Doch die Dichter sind e astisch
Dichten auch ohne  fantastisch
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Beten ihrem Häupt ing nach
Daß sich fü  t der A manach 
Sch app und Schwänze nennt der sie
Ist doch Werbung sagen sie
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Dichten fortan ohne 
Ha ten das für orgine
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Jedoch:
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So  ang das   nicht wiederkehrt,
muß a  es F ickwerk b eiben.
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Jetzt hat mich der Rhythmus auch noch verlassen. Die Sonne ist soeben prächtig untergegangen und die Filmschauspielerinnen und Filmschauspieler schauen melancholisch aus ihren Fenstern zum Horizont hinüber, und zwar in der Hoffnung auf den grünen Streifen, der Glück bringen soll. Diejenigen, die nicht aus den Fenstern schauen, kochen Gemüseauflauf. Mit Béchamelsauce, Mehl, Milch und solchen Sachen, möglichst klumpenfrei verrührt. Bilder flutschen ihnen durch den Kopf, während ich an das Geräusch zarter Damenschritte neben mir denke. Ist das nicht normal? 
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Gut, also, dann werde ich morgen beim "SALON INTERNATIONAL DU LIVRE ET DE LA PRESSE A GENEVE" wieder mal eine längere Trommeleinlage geben. Sie sollen an mich glauben. Wenn schon überall Preisschilder kleben, muß ich jede Gelegenheit zum Trommeln nutzen.
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Und jetzt wirds zum Schluß nochmal richtig spannend. Der Virus 
I LOVE YOU 
legt mich lahm. Ich komme nicht ins Netz.
Und wie ich  höre, heißt der Virus auch 
JOKE.
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Das ist doch kein schlechtes 
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ENDE
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PS: Nicht vergessen: Der Hund ist nicht der Chor!
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Teil 1 und 2 sind nicht mehr im Internet abrufbar
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DIE BANALITÄT DES PROLLIGEN 1
28. Juni 1999 - 30. September 1999
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DIE BANALITÄT DES PROLLIGEN 2
01. Oktober 1999 - 20. Januar 2000
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texte und kommentare bücher aktuelles