Debatte? Tagebuch? Streitgespräch? Interaktive
Texterstellung? Internetliteratur? Korrespondenz? Nennen Sie es, wie Sie
wollen. Es geht jedenfalls um
.
DIE BANALITÄT DES PROLLIGEN
.
3
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_______________________________________________
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Soso. Man hat die Gedichte lieb gewonnen. Da schau
her. Gut, dann will ich Runde 3 auch mit einem Gedicht einläuten:
.
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DIE DENKEN, DAZU KANN MAN NICHT NEIN SAGEN
.
Wir hören, du gibst den Leuten
wirklich noch was für ihr
Geld, und bei uns in der Stadt
ist selten was los, deshalb
unser Angebot: Wir fliegen dich
ein, bringen dich in einem
guten Hotel unter, du kannst
soviel trinken wie du
willst, wir mieten einen
Saal, in den ein "Haufen"
Publikum reinpaßt, du wirst
staunen, wie viele hier
schon von dir gehört
haben, wir garantieren dir
ein volles Haus und
25% von den Einnahmen.
Wir mögen dich, Mann!
Also - wie wärs, hm?
.
von Charles Bukowski
.
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Wie wärs, lieber Kollege Oswald, wenn Du ein
bißchen weniger joggen würdest, und unseren Lesern hier statt
dessen mal ein Gedicht von Dir präsentierst? Präsentieren würdest.
Ich bin schon wieder ganz indifferent.
.
Heutige Schlagzeile auf den Münchener BILD-Zeitungskästen:
Boarisch bleiben. Stammtisch gegen das Internet!
.
Es soll keiner glauben, daß wir es hier im
Süden leicht haben.
.
Heiner Link, 21.01.2000
.
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Ja, ich bin fleißig, aber nur, weil sonst nix
mehr geht. Grade mal wieder bei amazon.de vorbeigeschaut. Schön, lieber
Heiner Link, daß Sie mal wieder vorbeischauen, bitte klicken Sie
hier für Ihre persönliche Buchempfehlung. Nun, was wurde mir
angeboten? RAVE (Es geht um Exzeß, Saufen ...), und dann noch "Gisela"
von einem gewissen Robby Dannenberg, an den ich mich nicht erinnern kann.
(Gisela erzählt die Liebesgeschichte von Gisela und Paul, zwei jungen
Menschen, die zwar bei der körperlichen Liebe - ohne Scham - zueinander
finden, deren Beziehung jedoch an der Angst, dem anderen eine Blöße
zu zeigen, und ...)
Schon erstaunlich.
.
Heiner Link, 22.01.00
.
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o Gott, welche Freude
du bist hier
schluchz und auf der
letzen Gipfel-
konferenz aßen
sie Stangen-
bohnen, Butter
schmatz, schlürf
reich mir den Dreck
und ne Coke, Kumpel
o vielen Dank
.
Auszug aus "Biotherm" von Frank O'Hara
.
Schöne Sachen gibts. Draußen knackt die
Kälte, ich glaube 20 Grad Minus heute, gut. Ich glaube ja nicht an
die Mafia. Das ist doch ein Hirngespinst. Mafia hier, Mafia da, das stellt
man sich immer so schön vor. Das ist natürlich grober Unsinn.
Wahr ist nur, daß es draußen kalt ist, saukalt. Man denkt sich
immer die Mafia dazu, aber das ist natürlich grober Unsinn. Es gibt
keine Mafia.
Gäbe es eine, wäre sie der Ausdruck einer
vollkommenen Ästhetik. Und die könnten wir ja gar nicht einlösen.
.
Heiner Link, 25.01.2000
.
.
Ach, so schlecht ist die Welt ja doch nicht: Der
ORF produziert das von Arno Geiger und mir geschriebene Hörspiel "Elfenkinder
oder Alles auf Band", und der Deuticke Verlag in Wien druckt es, macht
uns ein schönes Buch daraus.
Österreich ist doch ein schönes Land mit
viel Geschmack, das muß ich schon sagen.
So müßte es immer laufen, eine gute Idee,
sofort umgesetzt, ohne jede Konzession, und dann wird es veröffentlicht.
Ohne diese Scheißmarketingängste. Ohne die Zicken, denen man
normalerweise immer ausgesetzt ist, wenn man interessante Sachen macht.
Das zum Beispiel, lieber Helmut (mighty HelK, Oswald
hats begriffen, was), wäre was, was ich gerne anders hätte, dieses
Rumgezicke bei der Umsetzung unserer Arbeit. Und dann würd ich auch
ganz gerne ein paar Buchhändler aufhängen, öffentlich, versteht
sich. Ein paar kleine Verbesserungen könnte diese Welt schon vertragen.
Übrigens, Helmut, das vergaß ich beim
heutigen e-mail, Du kannst Dich ruhig mal hier einmischen, wenn Du Lust
hast.
So.
Liebe Grüße nach Österreich!
.
Heiner Link, 26.01.2000
.
.
Hier eine kleine Geschichte, ich konnte mich nur
nicht für einen Titel entscheiden:
.
Über meine derzeitige Lieblingsfreundin
oder
Warum ich den Sommer befürchte
oder
Über das Unmenschliche in der Liebe
oder
Die Erotik eines Schneidezahns
oder
20 Gramm, die Dein Leben verändern
oder
Tempo
oder
Ausgemacht ist ausgemacht
oder
Warum ich unglücklich bin
oder
Warum gehst du denn so komisch?
oder
Kriegsverletzung
oder
Blecherne Unterhose
oder
Bloß, weil ich mich gleich drauf legen wollte
oder
Manchmal gehen wir auch ins Kino
oder
In einer Weinstube kann man sich ja nicht hinlegen
oder
Einfach so, weil die Sonne scheint
oder
2021
oder
Kein Schlapparsch
oder
Liebst du die Haare in meiner Nase?
oder ...
Vielleicht sollte ich ein bißchen von meiner
derzeitigen Lieblingsfreundin erzählen. Klasse Frau. Ich konnte sie
aber noch nicht in Besitz nehmen. Wir verhandeln noch. Natürlich bete
ich sie an, ich weiß nicht, ob das gut ist, aber ich bete sie an.
Man kann sich mit ihr sogar über Literatur unterhalten, obwohl ich
gar nichts davon verstehe. Vorgestern noch habe ich sie im Arm gehabt,
Wahnsinn! Es hatte zwanzig Grad unter Null, mir wäre auch lieber gewesen,
es wäre jetzt grad Sommer. Dann hätte sie vorgestern vielleicht
ein Sommerkleidchen angehabt, 20 Gramm schwer, Sie verstehen. Ach nein,
das hätte mich ja ganz verrückt gemacht. Ich bin sowieso immer
so nervös. Wenn ich mit ihr beim Wein sitze, rede ich einen Stuß
zusammen, Sie machen sich keinen Begriff. Ich denk mir dann immer: Sag
endlich was zu diesem leicht schräg stehenden Schneidezahn, der dich
so anmacht, Arschloch, blödes. Aber ich brings nicht raus. Es kommen
jetzt auch langsam die Rückschläge (retardierende Momente). Seit
vorgestern zum Beispiel dreht sie den Kopf beim Küssen immer etwas
zur Seite, grade soviel, daß ich am Mundwinkel vorbei, gut, dachte
ich mir, dann küss ich dich aufs Ohr. Damit hatte sie nicht gerechnet.
Das war nicht unelegant, aber man hat ja solche Tricks nicht ständig
parat. Und natürlich ist das ein Zeichen. Ich sage Ihnen, dieser Schneidezahn
macht mich noch ganz wahnsinnig. Natürlich könnte ich sie etwas
genauer beschreiben, aber bei mir läuft das immer auf ein sehr reduziertes
Bild der Frau hinaus, verstehns. 20 Gramm, mehr hat so ein Sommerkleidchen
nicht, ich weiß wirklich nicht, was ich im Sommer machen werde. Ich
meine, das ist ja unmenschlich. Überhaupt, wenn wir in dem Tempo weitermachen,
sind wir auch im Sommer immer noch beim Küssen. Das kommt hinzu. Werde
ich den Schneidezahn dann schon mit einbeziehen können? Das sind alles
so Fragen. Und dann die Konkurrenz. Sie reist nämlich viel, Vertreterin,
und es ist anzunehmen, daß dieser gottverdammte Schneidezahn auch
anderen Vertretern gefällt, nicht wahr. Wenn das Sommerkleidchen blau
ist, dreh ich sowieso durch. Stellen sie sich ein blaues Sommerkleid vor,
aus dem bronzefarbene Oberschenkel blitzen, das wäre wirklich nicht
auszuhalten. Und dann muß man sich vorstellen, ein Wahnsinn, ich
meine, mal angenommen ich umarme sie, und ich neige ja dazu, Brust an Brust,
nur durch 20 Gramm Stoff getrennt, und dann rutscht vielleicht auch noch
meine Hand auf ihr Gesäß, und das alles, während ich in
höheren Etagen diesen Schneidezahn umzüngle ... Ich habe das
gestern mal in Gedanken durchgespielt, und weiß nur, daß es
so nicht enden darf. Warum nur hat es der liebe Gott so eingerichtet, daß
wir das ganze Jahr über paarungsbereit sind? Das war ja durchaus
gut gedacht, nur sind eben manche Menschen paarungsbereiter als andere
Menschen, das ist das Problem. Wenn man sich anschaut, was der Kerl sonst
alles so geleistet hat, fragt man sich schon, warum er das nicht richtig
durchdacht hat. Solange ich schon schnaufe, leide ich unter der Unfähigkeit
anderer. Wahrscheinlich hat sie auch sensationelle Kniee. Ich bin ganz
sicher, daß dieser leicht schräg stehende Schneidezahn der einzige
Makel ist, und den hat der Herr auch nur eingebaut, damit mich der letzte
Rest Vernunft verläßt. Was ich sagen will, lassen Sie mich doch
ausreden, ein wenig ausholen: Also, ich wollte mich gleich drauflegen,
aber das wollte sie nicht, das ging ihr dann doch zu schnell. Wir haben
dann vereinbart, daß sie das Tempo bestimmt. Das war natürlich
ein ganz grober Schnitzer, also davon kann ich Ihnen nur abraten. Jedenfalls,
ich deutete es schon an, das Tempo ist jetzt sehr niedrig. Ich kann aber
nix machen, weil ausgemacht ist ausgemacht. Im Winter fällt es schon
schwer, dieses Tempo zu halten, aber wenn ich an den Sommer denke, und
ich denke oft an den Sommer, denke ich daran, daß ich da bei erster
Gelegenheit dieses Tempo überschreiten werde. Und zwar gehörig.
Ich kenne mich doch. Ich denke also nicht, daß es über den Sommer
hinaus halten wird. Verstehen Sie jetzt, warum ich unglücklich bin?
Sie denken ich übertreibe, Sie ahnungsloses Individuum. Ich ging vorgestern
mit dieser Frau durch die Münchener Fußgängerzone, nicht
wahr, sie hatte sich bei mir eingehakt. Das war alles. Und bedenken Sie
bitteschön was wir alles anhatten, bei 20 Grad minus. Da sagt sie
plötzlich zu mir: Warum gehst du denn so komisch? Nur weil ich mein
Gesäß etwas nach hinten gestreckt hatte, um mich zu entlasten.
Ja, was hätte ich da Ihrer Meinung nach sagen sollen? Kriegsverletzung?
Und was möchten Sie mir für den Sommer vorschlagen? Eine blecherne
Unterhose? Sie Schlaumeier. Muß ich mich schon wieder aufregen. Das
hat man nun davon, daß man im fortgeschrittenen Alter noch gesund
und munter ist. Ich habe immer gesund gelebt. Orangensaft und so. Fenster
kippen. Jetzt bin ich 39, das ist ja für den Mann das beste Alter
überhaupt, und ich habe sogar noch Gefühle. Jeden einzelnen Quadratzentimeter
dieser Körpers würde ich einzeln küssen, und es gäbe
Stellen, wo ich mir Zeit lassen würde. Verdammt viel Zeit. Das weiß
sie natürlich nicht, weil wir so langsam sind. Bloß, weil ich
mich gleich drauflegen wollte. Manchmal gehen wir auch ins Kino, aber meistens
gehen wir in eine Weinstube. Im Kino waren wir erst einmal, weil ich mir
gedacht hab, im Kino seh ich ja fast gar nichts. Sagen wir mal so, sie
hatte sich ein Magnum bestellt, ich habe ja erst gar nicht begriffen, was
das bedeutet, nicht wahr, und dann hat sie dieses Eis an den Mund geführt
und ein Stück abgebissen. Mit diesem Schneidezahn. Nix mehr, habe
ich mir gedacht, aus ists mit Kino. Ich geh ja sowieso nicht gerne ins
Kino. Arsch an Arsch drauf warten, daß es dunkel wird. Vielleicht
begreifen Sie langsam, was das für eine Frau ist. Eine Granate! Ich
mag alles an ihr. Wie sie geht, wie sie steht, wie sie sitzt. Natürlich
auch, wie sie liegt. In einer Weinstube kann man sich ja nicht hinlegen,
aber im Sommer. Ich meine, wir werden im Biergarten sitzen, im Hirschgarten,
und dann auf den weiten Wiesen herumtollen, Fangen spielen, nein Fangen
spielen ist nicht gut, wir werden einfach so herum laufen und vor Freude
juchzen, nicht wahr, und es wird der Zeitpunkt kommen, daß ich mich
hinlegen muß, wegen den Marlboros, und dann? Dann legt sie sich vielleicht
neben mich, weil es sich ja alleine nicht so schön herumtollen läßt,
und dann rutscht ihr das Kleid hinauf oder herunter, jedenfalls zurück,
und wir befinden uns nebeneinander in liegender Position. Und dann schlingt
sie vielleicht sogar die Arme um mich, das muß ja gar nicht böse
gemeint sein, einfach so, weil die Sonne scheint, Frauen sind ja manchmal
so, ich meine bei Frauen kann das schon ein ausreichender Grund sein. Ja
vielleicht legt sie sich sogar auf mich drauf, einfach so, weil Samstag
ist. Ich muß mich irgendwie beruhigen. Theoretisch, ich meine,
angenommen ich würde diesen Sommer überstehen, ich habe mir das
grade mal ausgerechnet, bei dem Tempo, das wir grade fahren, reden wir
über das Jahr 2021. Da bin ich einundsechzig und sie schaut vielleicht
wie Anfang Fünfzig aus. Oder sogar wie Ende Vierzig. Das macht es
nicht einfacher. Wenn ich das mit dem Drauflegen nur rückgängig
machen könnte. Gut, wir kannten uns erst eine Viertelstunde, aber
ich dachte mir, eine solche Klassefrau will doch einen Draufgänger,
und keinen Schlapparsch. Ausserdem hatte ich schon acht oder zehn Viertel
und zwei Brombeerschnäpse. Na ja. Sie schleift mich immer zur S-Bahn,
das macht sie alles klaglos mit. Sie trinkt ja immer nur höchstens
zwei Viertel, den ganzen Abend zwei Viertel Wein, ein Wahnsinn, und dann
frage ich sie immer: Liebst du mich? Ja, sagt sie dann. Liebst du mich
vom Scheitel bis zur Sohle. Ja. Liebst du mein Rasierwasser. Ja. Liebst
du meine Cordhosen. Ja. Liebst du die Haare in meiner Nase. Ja. Ich kann
fragen, was ich will. Immer JA. Verstehns. Und dann dieses Tempo. Vielleicht
sollte ich nicht ständig diesen Trachtenjanker tragen. Ich weiß
es auch nicht. Ich bin ratlos. Es ist schon hart, verliebt zu sein.
.
Heiner Link, 28.01.2000
.
.
Wenn sie das gelesen hat, krieg ich Ärger.
Na ja, was geht im Leben schon ohne Risiko.
Vielleicht stelle ich hier sogar mal ein Gedicht
von Robert Gernhardt rein. Obwohl er schon mal einen Text von mir kritisiert
hat.
Mir ist alles zuzutrauen.
Dabei ist Robert Gernhardt längst in den gelben
Reclam-Bändchen
verewigt, und ich bin doch bloß ein kleines
Würschtel, bestraft durch Herkunft und schlechtes Benehmen.
.
Nächste Woche Lesung in einem Dachauer Gymnasium,
vor dreihundert Oberstuflern. Soll einer sagen, ich riskiere nichts!
.
Heiner Link, 01.02.2000
.
.
Heute Post erhalten. Das ist an und für sich
genommen noch nichts besonderes. Aber WAS für eine Post, Heinerle,
WAS für eine Post! Nämlich vom „i-punkt verlag für kürzestprosa
GmbH“. Gell, da schaust. Die bieten Bücher über Computergrundwissen
„für Frauen“ an und „Kürzestprosa“ eben. Das würdest Du
jetzt gerne wissen, was das ist, hmm? Und die Star-Autorin des i-punkt
verlags, die sogenannte „Erika Lemmer alias Angelika Huber“ (steht so im
Prospekt) wird es Dir erklären. (Ist das eigentlich ein Unterschied,
ob man Erika Lemmer oder Angelika Huber heißt?). Erika Lemmer erläutert
ihren Gedichtband „deine hand auf meiner stirn“ so:
„In den überwiegend in ihrer Auf- und Umbruchsphase
1989 entstandenen Gedichten ist denken und empfinden eins. In ihnen verliebt
sich die Autorin in Steine, Pflanzen, Augen, begegnet Menschen, erlebt
Orgasmen und reflektiert über Verletzungen an Mensch und Umwelt.“
Der Band umfasst 31 Seiten und kostet 32,-- DM. Ein stattlicher Preis,
aber ich bin sicher, das Buch ist jeden Pfennig wert. Hier also, als kleiner
Service für unsere Freunde von den Kokos-Inseln, die ISBN--Nr:ISBN
3-931004-02-3. Nichts zu danken.
.
Georg M. Oswald, 01.02.2000
.
.
Prompt ist der i-punkt-Verlag heute in der Süddeutschen
(Münchener Kultur) portraitiert. DamenundHerren, wir sind schneller
als die Süddeutsche! "deine hand auf meiner stirn" Muß ich mir
merken.
.
Heute in der Mailbox
Lieber Heiner Link,
selbstverständlich verfolge ich Ihre Arbeit.
Würden Sie meine auch verfolgen, wüßten Sie, daß
ich zusammen mit F.W. Bernstein schon 1976 folgendes Poem veröffentlichte:
.
Die Wetterwendische
.
"Du Heiner..." "Ja?" "Mir fällt grad ein,
ich wäre gern ein Warzenschwein!"
"Ein Warzenschwein? Mein liebes Kind..."
"Nein Heiner, diese Schweine sind
.
für mich der Inbegriff des Schweins:
Mit sich und mit dem Kosmos eins,
so streifen sie durchs Unterholz.
Ihr Herz ist gut, ihr Wesen stolz,
.
ihr Auge schaut so klar und rein -
ach wär ich nur - "Ein Warzenschwein?"
"Ja, Heiner, ja und nochmals ja!
Jedoch ..."Jedoch" "Seit ich mal sah,
.
wie diese Tiere wirklich sind,
voll Warzen und den Kopf voll Grind,
steht für mich fest, ich wäre lieber
..."
"Kein Warzenschwein?" "Oh nein. Ein Biber!"
...__________________________
Weiter so. Ihr Robert Gernhardt.
..
.Besten Dank.
Heiner Link, 02.02.2000
.
.
Nicht zu fassen. Nicht nur Kokos-Insulaner - ich
weiß, ich wiederhole mich, aber es macht einfach ungebrochen Freude,
davon zu sprechen - sondern auch Olympier lümmeln da im Netz herum.
Aber das waren sie ja auch nicht immer. Auch Robert Gernhardt hat ja mal
als verbotener Autor angefangen,
ob er’s nun weiß oder nicht. Es entspricht
nämlich den Tatsachen, daß mir Frau Doktor Atzinger in der elften
Klasse einmal einen Verweis wegen fortgesetzter Lektüre
der „Blusen des Böhmen“ erteilt hat. Überhaupt: „Oswald! Nicht
immer Romane lesen!“ hat sie mindestens einmal pro Stunde gedröhnt.
Muß ich erwähnen, daß ich in Chemie eine Pfeife war?
Georg M. Oswald, 03.02.00
.
.
Kleiner Gastbeitrag hierzu, frisch eingetrudelt:
.
was ich gerne wieder wär
wär im wilden wald ein bär
dann käm ich an und sähe sehr
bärig aus, wie einer der
bären aus dem fernseher.
.
von Helmut Krausser
.
Dessen Gedichtband jetzt übrigens bei "belleville"
erschienen ist.
Heiner Link, 03.02.2000
.
.
Ach ja, die Lyrik.
Wenn ich mir's recht überlege, wäre das
schon das Gescheiteste. Für mich würde sich da auch auflagemäßig
nicht viel ändern, hi hi, na ja, ich bin gut drauf, weil mich grade
meine derzeitige Lieblingsfreundin angerufen hat. Anrief. Wir haben über
den Schneidezahn gesprochen. Vom Tempo war wieder nicht die Rede. Obwohl,
vielleicht muß ich nur genauer hinhören, vielleicht war da was.
Es ist ja auch wärmer geworden, nach meinem Text. Wie auf Bestellung.
Siehst Du, Kollege Oswald, Du kennst Dich halt doch nicht aus. Sagt der
auf diesen erschütternden Text hin doch glatt: "Du wirst es nie kapieren."
Ich habe ein großes Herz, lieber Girgl, und das verschwende ich für
manch indolenten Hammel (allgemein gesprochen), darf ich da nicht auch
mal eine Frau anbeten? Diese wundersamen Geschöpfe, für eine
jede würde ich sofort aus dem Fenster springen. Was wäre falsch
daran? Nehmen wir nochmal meine derzeitige Lieblingsfreundin, für
die ich mich jederzeit auch parterre wegwerfen würde, und zwar soweit,
wie's irgendwie geht, damit ich keinen Unfug anrichten kann, für die
ich meinen Trachtenjanker jederzeit ins Schmelzwasser legen würde,
damit sie auch nur einen Fuß drauf setzt, für die ich auf offener
Straße in die Kniee gehen würde und so weiter. Aber gut, Du
verstehst halt von der Liebe nichts, Gewalt ist Dein Thema, vielleicht
grad noch die Kritik am Kapitalismus. Lauter so Schmarrn. Du wirst schon
sehen, daß ich mich mit dem Thema Liebe durchsetze. So oder so. Für
eine Frau wie meine derzeitige Lieblingsfreundin würde ich (allgemein
gesprochen) einfach die Welt verändern, das wäre für mich
nicht das geringste Problem. Und was bringst Du zustande? Ein Radiointerview.
Ich war, lieber Girgl, in Chemie auch eine Pfeife,
und trotzdem haben wir uns so unterschiedlich entwickelt. Wie konnte das
passieren? Ich weine bei der geringsten Gelegenheit, und Du wetzt das Messer
und hast Erfolg. Ist das Taktik? Dreiundzwanziguhrvierundvierzig und nur
noch vier Zigaretten, das sind Probleme.
Ich bin schon das größte Talent.
Andere wissen vielleicht mehr.
Aber ich bin das größte Talent.
.
Heiner Link, 04.02.2000
.
.
Das größte Talent hat Kopfweh. Irischer
Whiskey. Aber deshalb können wir hier auch nicht aufhören. Ich
habe heute früh schon ein bißchen geweint, wegen meiner derzeitigen
Lieblingsfreundin, weil ich sie so mag. Zeitlang habe. Ist das nicht ein
schöner Terminus: Zeitlang. Das ist bayerisch. Insgesamt fühle
ich mich aber schon ein wenig geschnetzelt. Habe nämlich grade eine
Kassette, die mir der Verlag schickte, angehört.
.
Ein Radiointerview.
.
Leute, ich sags frei raus: Ich werde mich zurückziehen.
Nicht wegen dem Schmarrn, den ich da verzapft habe, man ist ja mittlerweile
Profi, nein, viel fürchterlicher:
.
Ich klinge wie Franz Beckenbauer.
.
Entsetzlich. Ich sage hiermit alles ab, alle Lesungen,
alles, aus ist's. Ich mag nicht mehr.
.
Reiße mir den Arsch auf, für irgendwas,
und dann klinge ich wie Franz Beckenbauer. Das hat doch alles keinen Sinn.
Es tut mir leid, Leute, aber ich kann nicht mehr. Auch bei mir gibt's Grenzen.
Nicht wahr. Ja, ich gebe zu, ich wollte was erreichen, ich dachte immer,
vielleicht kannst du das ein oder andere Herz erweichen, vielleicht kannst
du ja mal jemand berühren, ohne anstößig zu werden. Was
ist mir geblieben? Die Stimme von Franz Beckenbauer.
Gut. Also. Reißen wir das Olympiastadion ab.
Ich bin dabei. Gebt mir einen Preßlufthammer.
Dieser gottverdammte irische Whiskey.
Heiner Link, 06.02.2000
.
.
Tullamore Dew
lieber Helmut.
.
"Die sagenumwobene Geschichte, die sich um Tullamore
Dew rankt, hat ihren Ursprung vor dem 10. Jahrhundert, als die Iren die
magische Kraft von Whiskey entdeckten. Goldene, irische Gerste und kristallklares
Quellwasser werden heute ebenso wie damals verwandt. Nach dreifacher Destillation
lagert Tullamore Dew in ausgesuchten Eichenfässern, wo er in den Jahren
der Reife seinen reichen, weichen Geschmack entwickelt. Kenner schützen
sein typisch irisches Wesen..."
.
Klappentext zum vorgestrigen Abend.
.
Du hast ja nur eins von den Glasbildern getroffen,
lieber Helmut. Ich habe den ganzen Nachmittag das Haus mit Glas vollgehängt.
Wann hat man schon mal soviel Konkurrenz im Haus? Was ich da mit einem
Schlag hätte abräumen können. Aber Oswalds müssen ja
immer schon so früh gehen, Neumeisters kennen meine faulen Tricks
und Norbert Niemann fällt wie eine Katze.
Ja, wir hatten zum Schluß schon eine sehr russische
Stimmung. Du sagtest, ich wäre der Beste. Weißt Du noch? Nicht
mehr? Dann müssen wir verhandeln, denn ich habe alles aufgezeichnet.
Heiner Link, 07.02.2000
.
.
Was soll man noch über Politik sagen? Man kriegt
das ganze Elend ja jeden Tag vor den Latz geknallt. Koch gestern wieder.
Gesteht ganz offen eine Lüge ein und sagt, er habe nicht gelogen.
"Juristisch möglicherweise korrekt, politisch nicht in Ordnung". Der
Witz des Tages. Das muß man erst Mal drauf haben, DamenundHerren.
Grüß Gott, Saudi-Arabien übrigens, ihr habt ja keine Probleme,
denn ihr habt das Öl. Wir haben die Korruption und mindestens 25%
Faschismussympathisanten. Die Journalisten decken das alles auf, und wir
Schriftsteller sollen es richten. Man lädt uns in Talkshows ein und
so weiter. Da blamieren wir uns dann. Ist doch praktisch, daß das
möglich ist, in dieser so transparenten Gesellschaft. Lieber Girgl,
was passiert mir denn, wenn ich 10.000 Mark nicht versteuere, bloß
weil mein Terminkalender so voll war? Zimmer mit Frühstück?
Heiner Link, 09.02.2000
.
.
.Da flattert doch glatt ein Fax vom ORF hier rein,
ob ich denn zu einem schon vereinbarten Radiointerview überhaupt noch
antreten möchte. Ich habe grade eben unter "texte und kommentare"
hier auf dieser Seite eine Solidaritätserklärung veröffentlicht,
kann sich jeder anschaun. Selbstverständlich trete ich nach wie vor
in Österreich auf. Ich lasse mich doch nicht von dem Neofaschisten
und Kultur- und Literaturhasser Jörg Haider an meiner Arbeit hindern.
.Heiner Link, 10.02.2000
.
.
Ich habe mich vor einiger Zeit hier mal sehr unflätig
über Rainald Goetz' Gedichte geäußert. Das hätts vielleicht
gar nicht gebraucht, aber weil die Thailänder wieder so fleißig
zugreifen, will ich ein wirklich gutes von ihm nochmal aus dem Gedächtnis
zitieren:
.
14.59.57
14.59.58
14.59.59
15.00.00
.
KRANK
.
So ungefähr ging das. Ob die Uhrzeit stimmt,
weiß ich nicht. Sehr gut jedenfalls.
Bei Trakl habe ich nichts gefunden
... Stille wohnst du im Schatten der herbstlichen
Esche,
Versunken in des Hügels gerechtes Maß
..., usw.
Ich kann ja nicht andauernd Robert Gernhardt hier
reinstellen
Was hat die Woche sonst noch gebracht? Ein Kinobesuch
mit meiner derzeitigen Lieblingsfreundin. Im Film fiel ein Schuß
und sie zuckte zusammen, und in diesem Moment hätte ich sie fressen
können, wirklich.
Ausserdem habe ich bei HUGENDUBEL für 9 Mark
90 ein Penisbuch erstanden, dem ich entnehmen konnte, daß die Austrittsgeschwindigkeit
des Ejakulats bei ca. 40 Stundenkilometer liegt und die größte
medizinisch bestätigte Reichweite einer Ejakulation 29,7 cm beträgt.
Laut Horoskop (FÜR SIE) ist nächste Woche
am Montag mein bester Tag. Das ist ja schon morgen. Wie die Zeit vergeht.
Heiner Link, 13.02.2000
..
.
Scheißtag, wirklich. Das Horoskop in der FÜR
SIE ist wirklich keinen Pfifferling wert.
Heiner Link, 14.02.2000
.
.
29, irgendwas Zentimeter. Pfff. Der Seifenspender
in unserem Gästeklo (wir haben ein Gästeklo) schafft
selbst bei ungeschickter Bedienung - aus dem Stand!
- ca. 50 cm.
Georg M. Oswald, 15.02.2000
.
.
Das sind die Ergänzungsbeiträge, die ich
brauche, um zur vollen Entfaltung zu kommen. Danke, Girgl.
Heiner Link, 16.02. 2000
.
.
Was das denn wäre, die volle Entfaltung, fragt
mich Oswald. Die volle Entfaltung ist, daß ich viel weine, weil man
mich nicht liebt, aber ich habe immer eine Flasche Whisky zur Hand,
wegen der Lebenslust, und rauchen tu ich auch wie ein Bekloppter, schwachsinnigerweise,
und dann denk ich mir, was ist denn los?
Was ist denn eigentlich los?
Und ich komme dann immer zu dem Schluß, daß
eigentlich gar nichts los ist.
Heiner Link, 17.02.2000
.
.
Die Frauen beim ORF haben alle schwarze Lederhosen
an. War aber ganz nett im Landesstudio Vorarlberg.
.
1 Dichter muß Sonette reimen:
Milka=zart mit Echos klingeln-
einfach Nichts mit Nichts verleimen -
Blah=Blah mit Blah=Blah umzingeln...
(Frank-Wolf Matthies)
.
Nach dem "album" werde ich mal was machen, wo auch
die Form stimmt. Da liegt ja auch schon Komik drin.
.
(O Kunst! O Kunst! Edel & Gut!
Du hart=geschwung'nes Och!-
Du sanftes=starkes Elfenbein -
so gleite mir ins Loch! -")
.
Genau.
Heiner Link, 20.02.2000
.
.
Na gut, aber nur, weil eine Unbekannte per e-mail
" ... warum nicht jeden Tag Robert Gernhardt? ...", ... ich kann ja ein
Eigentor zugeben, nicht wahr. Also. Jeden Tag nicht, aber 1es will ich
Euch noch gönnen:
.
Gebet
.
Lieber Gott, nimm es hin,
daß ich was Besond'res bin.
Und gib ruhig einmal zu,
daß ich klüger bin als du.
Preise künftig meinen Namen,
denn sonst setzt es etwas. Amen.
.
Robert Gernhardt
.
Ich bin da wirklich ganz seiner Meinung.
Heiner Link, 21.02.2000
.
.
Buchempfehlung: Nell Kimball, "Memoiren aus dem Bordell",
Eichborn. Nicht billig, aber ein sehr gutes und schönes Buch.
.
Überhaupt ist das Schöne an meinem Beruf,
daß man manchmal einfach rumlungern muß. Einfach so rumhängen.
Schnaps gleich nach dem Aufstehen. Ein schweres Scotchglas am Rande der
Badewanne ist ja schon mal ein ästhetisches Erlebnis. Und dann ist
es Dreiviertelzwei und man fläzt sich auf die Kautsch und liest ein
gutes Stündchen. Idealerweise würde man zwischendrin das Dienstmädchen
bumsen, aber soweit geht's natürlich nicht. Dann kocht man was, wobei
man Radio hört, ein Hörspiel vielleicht. Derart stimuliert schaut
man sich SCHWUPPS an (TM3), ist guter Laune, macht sich eine Flasche Wein
auf und denkt sich:
es könnte wesentlich schlechter laufen.
Heiner Link, 22.02.2000
.
.
Was, bitteschön, ist an Biathlon so interessant?
Wieso zeigen die das stundenlang? Versteh ich nicht. Biathlon. Wie leicht
doch die Volksseele zufriedenzustellen ist.
.
Eines Tages traf ich in einem
Dieser neuen und modernen S-Bahnzüge:
Walter Jens
Er kramte mißvergnügt in seiner Aktentasche
Er hatte
Eine Idee
Ich sagte:
Herr Jens, wenn ich Ihnen mit einem Bleistift
aushelfen kann,
Und hier:
Der Brief von meinem Liebsten
- die Rückseite ist nicht beschrieben
Walter Jens nahm Bleistift und Papier
Und schrieb seine Idee auf deinen Brief
Der Bleistift war zerkaut und voller Spucke
Und Dein Brief war voller Lügen
Aber Walter Jens schauderte nicht
Rübenkamp stieg Walter Jens aus und nahm
meinen Bleistift mit.
.
von Karen Duve
.
So kann es gehen.
Heiner Link, 23.02.2000
.
.
Ein e-mail: Warum ich nicht mehr zum Thema
Haider sage.
Weil ich alles gesagt habe, was es dazu zu sagen
gibt.
Ich habe zu arbeiten, um Haider müssen sich
die österreichischen Wählerinnen und Wähler kümmern.
.
Der Satz des Tages:
.
Irgendeiner platzt immer.
Annegret Held
.
In diesem Sinne!
Heiner Link, 24.02.2000
.
.
.
Merci Sven, merci Hippie, ihr preist mein Talent.
Das tut gut, angesichts meiner Steuererklärung.
Also Leute, ihr müßt schon meine Bücher
kaufen, sonst geht hier bald nichts mehr. Es steht schlecht um das große
Talent. Ich denke auch daran, irgendeinen Skandal anzuzetteln. Ohne Skandal
geht ja heutzutage gar nichts mehr. Und da ich auf dem Gebiet nicht untalentiert
bin, dachte ich mir, was spricht denn gegen einen Skandal?
.
Wann war das, 97 auf der Frankfurter Buchmesse, glaube
ich, da hatte ich die Lebensabschnittsgefährtin des damaligen Programmchefs
von Reclam Leipzig mit "Schatzi" angesprochen. Ich glaube, ich fügte
sogar ein freundschaftliches "Da geh her" hinzu, geschmeidig wie ich bin.
Wie reden Sie denn mit Frau K.? fragte mich der Chef und ich gab ihm einen
verschwörerischen Rempler.
Sibylle Berg, die damals breit plakatiert wurde,
knutschte ich gleich so ab, daß ihr das Handy aus der Hand fiel.
Du mußt zunehmen Süße, raunte ich ihr zu, da ich das Gefühl
hatte, einen Werkzeugkasten an mich zu pressen. Wer ist das denn? fragte
sie den Chef, da ich nicht plakatiert wurde.
Es ist ein Wunder, daß ich noch immer beim
Verlag bin.
.
Gut, aber das nur nebenbei. Ein Skandal muß
her. Erbitte also Vorschläge unter dem Stichwort "Skandal". Die besten
Vorschläge werden hier veröffentlicht. Bitte keinen anonymen
Schweinekram, der fiele mir selber ein.
Heiner Link, 25.02.2000
.
.
.
Es bedeutet natürlich für sich selber
mehr als für andere ..
.
Den Rest habe ich grade gelöscht.
Führt zu Nichts.
.
Heiner Link, 26.02. 2000
.
.
Real Madrid gegen FC Bayern, 2:4, endlich mal wieder
ein gutes Spiel. Was ich mir jetzt wieder anhören muß. Vor allem
von Helmut Krausser und Georg M. Oswald. Lieber Helmut, lieber Girgl, ich
gratuliere ja.
DamenundHerren, ich will gar nicht verschweigen,
daß mich die Kollegen ausgrenzen. Nur weil ich ein Blauer bin. Sind
ja alles Bayernfans hier. Es schickt sich halt. Alleine Norbert Niemann
weiß nicht, was Abseits ist. Mit ihm kann ich über Lessing sprechen,
nächtelang. Da gibt es keine Spannungen.
Das ist schon auch angenehm, nicht immer der modischen
political incorrectnes ausgesetzt zu sein, sondern ehrlich und unschuldig
den Arbeitern vom TSV 1860 München huldigen zu können, an deren
Spitze immerhin ein Sozialist wie Karl-Heinz Wildmoser steht.
Vor diesem Hintergrund zeigt sich natürlich
erneut, daß ich alleine die Lage überblicke, daß ich alleine
political incorrect bin.
.
Ihr nicht!
Heiner Link, 29.02.2000
.
.
www.jacobsKROENUNG.de. Da zweifelt man schon
an diesem Medium. Lange kann das nicht interessant bleiben. Nichts bleibt
im Leben, nur das Normale. Herzinfarkt, Gehirnschlag, Krebs, solche Sachen.
Mir schmeckt heute abend der Wein nicht, nur weil ich nachmittags schon
welchen hatte, weil ich also mal wieder zuviel wollte. Man kann aber doch
gar nicht zu früh anfangen. Es gibt ja keine Abenteuer mehr, und zwar
selbst dann nicht, wenn ich in der Süddeutschen auch mal erwähnt
bin, verzerrt zumal. Selbst das regt mich nicht mehr auf. Ich hätte
gerne wieder Spaß am Schreiben. Da im Winter die Männer keine
kurzen Hosen tragen, wäre also der Spaß am Schreiben derzeit
mein Anliegen. Was ich möchte, ist, daß es mir wenigstens für
einen Satz gelingt, Kraft hineinzulegen, und nicht immer nur Befindlichkeit.
Bei ein paar Kollegen müßte ich mich sogar entschuldigen, da
sie etwas von mir halten, aber soll ich diese Rührseligkeit auch noch
transponieren? Es ist Samstag abend.
Der Himmel schweigt.
Und ich habe heute wieder keinen Eindruck hinterlassen,
nicht einmal einen Witz. Ich habe auch keinen Rost in die Maschinen getragen,
obwohl mir dies ein ständiges Anliegen ist. Das ist das Versagen,
das ich mir zuschreibe und mich frage, warum ich den gestrigen Abend mit
einer wunderbaren Frau verbringen durfte. Natürlich zwei Flaschen
Wein, wegen den Schmerzen. Sie verstand.
So kann man natürlich schlecht über Schmerzen
schreiben.
Aber das hätte ohnehin nur mit UHU-Alleskleber
zu tun, und ich bin ja zweifelsohne nur an einem guten Satz interessiert.
Die Welt plärrt nach Religion, mir aber gehts nur um einen guten Satz.
Nun, der wird mir in diesem Leben nicht mehr einfallen,
und ich schiebe das alles auf die Gene. Ich bin doch nicht an mir selber
schuld. An allem anderen vielleicht, aber nicht an mir selber. Und wenn
hier der Rauch einmeterfünfzig hoch steht, werde ich aufstehen, denn
das langt grade noch, um frische Luft zu schnappen. Und wenn hier der Rauch
zweimeterig hoch steht, steige ich auf einen Stuhl. Und wenn hier der Rauch
zweimeterfünfzig hoch steht, mache ich ein Fenster auf. Es sollte
niemand etwas anderes von mir erwarten. Mehr zu leisten bin ich nicht imstande.
Erfreulicherweise.
Heiner Link, 04.03.2000
.
.
Ach, in letzter Zeit geht mir gar nichts von der
Hand. Und Gottlieb Wendehals verkündet bei RTL II, er hätte 36
Zentimeter zu bieten.
Ach ja.
.
Liesl Karlstadt: Wo kommst denn Du her?
Karl Valentin: Dös könnt' ich Dir gar net
sag'n.
Liesl Karlstadt: Du wirst doch wissen wo Du her kommst.
Karl Valentin: Woher soll ich das wissen - wo ich
hingeh weiss ich.
Liesl Karlstadt: So? Ja, wo gehst Du denn dann hin?
Karl Valentin: Zum Arzt.
Liesl Karlstadt: Fühlst Du Dich nicht wohl?
Karl Valentin: Im Gegenteil - Unwohl.
.
Das trifft's.
Heiner Link, 05.03.2000
.
.
Der neue Gigahertzchip ist da. Ich arbeite
hier stationär immer noch mit 133 Megahertz und habe nicht mal eine
Soundkarte. Soundcard, sorry. Ich habe auch keine Sony-Playstation inclusive
Zubehör. Meinen Gameboy warf ich schon vor Wochen aus dem Fenster.
Wenn ich eines Tages den Fernseher hinterherwerfe, mach ich das Fenster
gar nicht erst auf.
Aber noch trau ich mich nicht, da es doch immer wieder
auch interessant zugeht. Ich finde es zum Beispiel höchst interessant,
wie sich die Teilnehmer von "Big Brother" verhalten, wobei mein Liebling
da Szlatko ist. Eine selten doofe Nuß. Besonders unerträglich
sind die hilfsbereiten Mädels. Dann diese Jana, ich kann verstehen,
warum sie die Liebeskugeln braucht.
Kurz und gut, ich kann das Geschrei um diese Sendung
gar nicht nachvollziehen. Bei Big Brother wird doch alles perfekt vorgeführt.
.
Danach kommt gleich Hawai Sex Null.
.
"Was hast du denn, kneifts Höschen?"
.
Nö, bei Hawai Sex Null nicht, ehrlich gesagt.
Heiner Link, Rosenmontag 2000
..
..
„Dem vernetzten Dichter ersetzt das Netz des Selbstbezugs
die Welt.“ schreibt Iris Radisch in der ZEIT. Wer im gemachten Netz sitzt,
schreibt sie weiter, ist für die Literatur verloren.
.
Ich sag es euch allen ganz ohne hohn –
ich treffe ihn immer den richtigen ton
in meinen liedern – meiner werkstatt fron:
in dem metier trag ich den preis davon
nicht nur auf dem papier
ist mein vers zeuge wider jede argwohn
weil ich ihn richtig polier
Weisheit und ehre die habe ich schon
narrheit und schmach aber ist der welt lohn
weil sie dem mut mit ihrer furcht drohn
doch wenn ich nun einer dame beiwohn
schwöre ich dir
daß ich mir auch dann hol meine kron
und nicht verlier
Sagte schon Guihelm IX. im 11ten oder 12ten Jahrhundert.
Heiner Link, 10-03-2000
.
..
Sonntag Nachmittag, ein Tierfilm gegen Depressionen.
Dann Lektüre:
.
...Unkraut: nie werde ich dieses Anblicks satt
er erfrischt mich immer
denn es ist wenig Heiligkeit
in dem was höheren Glanz hat.
W.C. Williams
.
Schön.
Heiner Link, 12.03.2000
.
.
Obacht!
.
Man wäre also im Interesse eines vernünftigen
Arbeitsklimas in einem kleineren Kollektiv wie hier dazu verpflichtet,
relativ gemischte Moralstandards genügend deutlich gemischt und undeutlich
genug zu signalisieren, ganz egal, nach welchen Standards man selber realerweise
sich zu verhalten meint, um einander möglichst viel Freiheit zu geben,
sich so zu verhalten, wie jeder will. Und das heißt im konkreten
Fall dann meistens, aus eigenem Interesse an positiver Selbstdarstellung,
nicht allzu asozial. Auf die Art entsteht mit der Zeit eine freie Drift
in richtung Nichtkaputtheit.
aus "Dekonspiratione", Rainald Goetz
.
Was ich da schon wieder Spaß dran habe. Trash
pur. Warum gefällt der Iris Radisch das nun nicht? Das ist ja gar
nicht nachvollziehbar. Es müßte doch mit der Zeit die freie
Drift in Richtung Nichtgefallen um des Nichtgefallenwillens so auffällig
werden, daß es sogar der ZEIT auffällt, ganz egal nach welchem
Standard sie selber realerweise sich zu verhalten meint. Das müßte
doch drin sein.
.
Heiner Link, 15.03. 2000.
.
.
"Die Bundesrepublik. 1989. Goethe. Der zweite Weltkrieg.
Adorno. Hirsoshima. Woodstock. Und überall ganz groß und dauernd:
DAS JAHRTAUSEND. In welchen Zeiten leben wir eigentlich?"
Ja, lieber Goetz, wo bleibt denn da die subversive
Leichtigkeit des Seins? Ich weiß es auch nicht. Draußen schauts
aus wie im Januar, dabei haben wir schon März und schlechte Luft von
all den Dieselmotoren.
.
.
Der Donnerstag ist als Tag wirklich sehr angenehm
für mich, weil ich am Freitag immer meinen Bürotag habe, und
also am Donnerstag nie was mache, weil ich mir denke, das machst
du alles am Freitag im Büro. Das ist wirklich sehr angenehm. Am Donnerstag
denke ich immer nach. An allen anderen Tagen denke ich nur: Geht was, oder
geht nix? Wir haben ja alle nicht mehr viel Zeit, da muß man sich
schon aufs Wesentliche konzentrieren.
.
Und was machst du so?
Aha. Interessant.
Was grad im Speziellen.
Aha.
Worum gehts?
Hmm.
Ich meine von der Thematik ...
Ach so ...
Und das kann man einfach so machen?
Aha.
Verkauft sich denn sowas?
Echt nicht?
Ja aber ...
Interessant
Du, ich muß jetzt wieder, man sieht sich.
.
Oder auch nicht, würd ich sagen.
.
Heiner Link, Donnerstag, 16.03.2000
.
.
.
Bayern spielt in Kiew mit der B-Mannschaft, es geht
um nichts mehr, zu uninteressant, um mich mit Georg und Helmut zu streiten.
Habe mir heute nochmal den "Atlas der Poesie" vorgenommen
und im Vorwort von Joachim Sartorius ein schönes Wort gefunden: Schädeltheater.
Sehr schön.
Über sowas kann ich mich noch freuen, ansonsten
bin ich grade ganz im Einklang mit Goethe, wenn er sagt: Er hat Sentiment,
aber er ist ohne jede Sentimentalität; die Zustände sind männlich
und rein empfunden.
.
Heiner Link, 22.03.2000
.
.
Lazarettpoesie nannte Goethe die Texte seiner
jungen Kollegen. Auch ein sehr schönes Wort, das mir sicher mal über
die Lippen kommen wird, wenn wieder Zeit zum Lästern ist. Man könnte
die Leute wohl amüsieren, wenn sie nur amüsabel wären, zitierte
er Wieland. Ich schreibe das gerne zweimal hin, DamenundHerren, damit
Sie sehen, wie ich mit Goethe und Wieland kooperiere. Damit das auch mal
klar wird.
.
So, und nun wieder mal ein Gedicht:
.
bläue
.
anläufe; anläufe, es ans laufn
zu kriegn; diese blindanläufe für
leitmotive, für handzeichn. reanimations-
versuche am themen-, am textkadaver vorbei
di zungnspizze sichtbar wird: di helfer-
zungn zungnhelfer beim hantieren; dies
handfläche auf handrükkn pumpm pumpm
bis
di rippm knakkn. helfershelferzungn. was
di leistn beim überm herzaas hantiern.
ein schaun, ein schaum in di runde; ein
zukkn mittn schultern, mit den zungn in
stillem, ständig wiederkehrendem licht.
.
Thomas Kling
.
Reanimationsversuche am Themen-, am Textkadaver vorbei,
das gefällt mir schon ziemlich gut. Ich bin ja der Sohn eines Baggerführers.
Ein großartiger Beruf. Eine Betätigung. Bierfahrer war er auch,
mein Vater, da bietet sich natürlich ein Witz an. Muß aber nicht
sein. Hier wird genug geblödelt. Gott sei Dank, denn wie wäre
sonst alles auszuhalten?
.
Hier im Netz kann man ja hantiern. Changschiern.
Und deshalb überführe ich jetzt eine Geschichte, die unter "Aktuelles"
bereits steht, hier in diesen html-Bereich. Lästert nur, rümpft
die Nase, ich habe meine Gründe.
.
.
GESCHICHTE AUS DEM WIENERWALD
.
.
War nach längerer Zeit mit den Kindern mal wieder
im Kino. Der Gigant aus dem All. Gar nicht schlecht gemacht, ich staune
inmmer wieder, wie literarisch Kinderfilme sind. Den Kindern will man scheinbar
noch was mitgeben, bei den Erwachsenen hat man es offenbar aufgegeben.
Jedenfalls wollte mein Sohn Gummibärzeugs, so grüne Ringe, und
wer bin ich, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. Ich schlug zwar ein Milkyway
vor, aber er wollte eben grüne Gummibärringe, und dann versanken
wir im Charm dieses gutmütigen, 15 Meter hohen Eisenmonsters. Anschließend
hatten wir Hunger, und gingen in einen nahegelegenen Wienerwald. Und hier
mußte ich gleich die erste Katastrophe zur Kenntnis nehmen: es gibt
eine neue Speisekarte und damit meine "Tessiner Rösti" nicht mehr.
Muß sich immer ständig alles ändern? Aber gut, dies nur
nebenbei. Ich bestellte dann den Ersatz (Wienerwald Rösti), eine lächerliche,
gemüseaufgepeppte Variation, mein Sohn wollte nur einen kleinen Teller
Pommes Frites. Ich haderte mit den nach nichts schmeckenden Zucchini, und
tadelte meinen Sohn, der schon nach ca. fünf Pommes Frites vorgab,
sattt zu sein. So gehts nicht, sagte ich, das süße Pappzeug
reinschlingen, und dann keinen Appetit mehr auf gesunde Nahrung haben.
Wieviel muß ich noch essen, fragte er mich. Iß halt noch ein
paar, sagte ich, und er setzte tapfer an. Und dann kotzte er den ganzen
Tisch voll. Es kam erst gelbbraun, dann schaumig, dann giftgrün, und
zum Schluß farblos. Er stand da und kotzte stehend alles in seinen
Teller. Zwischen den Schüben sah er mich verzweifelt an. Man glaubt
ja nicht, was sich im Magen eines 8jährigen mengenmäßig
befinden kann. Meine Tochter wandte sich ab, das Zeug tropfte vom Tisch,
und Moritz sagte: Das wars jetzt. Jetzt kommt nichts mehr. Ein paar Leute
schauten rüber, ich schaute zurück und säuberte ihn, so
gut es ging. Ist das peinlich, sagte er. Ich drückte ihm die letzte
Papierserviette in die Hand und bat ihn, sich nicht zu rühren. Dann
suchte ich den Kellner, aber Wienerwaldkellner erscheinen nur viertelstündig.
Dürfte ich sie mal kurz beanspruchen, sagte ich schließlich,
und der Kellner warf einen Blick über seine Schulter, komme gleich,
sagte er, die Situation offensichtlich nicht realisierend, und das bedeutete
eine weitere Viertelstunde. Ich hatte keine Papierservietten mehr und das
Zeug tropfte vom Tisch und mein Sohn sagte, es tut mir leid Papa. Ich hätte
gerne eine geraucht, aber das schien mir nicht passend zu sein. Setz dich
hin, sagte ich, aber er wollte stehen bleiben. Er erwartete den Kellner.
Als der endlich kam, sagte er, ach so, er hat gebrochen. Ja, ich habe gebrochen,
sagte mein Sohn, und dann dauerte es keine Viertelstunde mehr, und ich
kriegte eine Papiertuchrolle und einen blauen Müllsack in die Hand
gedrückt. Bitte alles da rein, hieß es, mitsamt dem Teller.
Und dann haben wir Teamwork geleistet, ich und mein Sohn, und ich gab 5
Mark Trinkgeld, und beim Rausgehen sagte Moritz: Papa, es wird mir eine
Lehre sein, seine Hose stank entsetzlich, und er nahm mich an der Hand,
während wir an Sexreklame vorbei zur S-Bahn gingen. Und im Zug saß
er mir dann gegenüber, das linke vollgekotzte Hosenbein zum Trocknen
lang gestreckt und sah an die dreckige schwarze Fenterscheibe, die gar
nichts bot. Und deshalb habe ich heute geweint.
.
Heiner Link, 23.03.2000
.
.
Ja also, die Zahlen sinken. Das ganze Unternehmen
hier wird zunehmend schwieriger. Keine Ahnung, wie lange ich noch Chefredaktör
sein werde. Dem Kollegen Oswald hat man wahrscheinlich gekündigt,
und ich sitz hier und warte, bis man mir den Saft abdreht.
McKinsey
cKinsey
Kinsey
insey
nsey
sey
ey
ey, ey, das könnte blöd ausgehen. Ich muß
irgendwie Werbung machen. Aber ich kenn mich da nicht aus. Dem müßte
ich ein Brieferl schicken und jener natürlich auch, und da sollte
ich mich unbedingt mal hinwenden und dort erst. Dabei interessiert
mich nur der blaue Schatten des Schnees.
.
manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht
velwechsern
werch ein illtum!
.
Ernst Jandl
.
Wer sonst?
Heiner Link, 27.03.2000
..
.
.e-mail aus Paderborn: ... kann ich mir nicht
vorstellen, daß das tatsächlich ihrem Privatleben entspricht.
Es ist ja auch kein richtiges Tagebuch, das der Nachwelt den Schriftsteller
Heiner Link präsentiert ...
.
Nein, mein richtiges und privates Tagebuch sieht
anders aus:
.
28.03.
.
Wegen Sabine in der Bongobar. Wodka Lemon. Verbrüderungsszenen
am Ostbahnhof. Letzte S-Bahn verpaßt. Den Taxifahrer zu einem Absegler
im Pasinger Stüberl überredet. Seitdem Hausverbot.
.
01.04.
.
Stimmen. Ich nenne eine Ballantines, die andere Dschonnie.
Schwer getrunken. Angst im Treppenhaus. Erst Angst,
dann Sturz.
Schulter ausgerenkt.
.
02.04.
.
Kopfschmerzen. Jubel.
Daß das noch möglich ist.
.
04.04.
.
Klosterfrau Melissengeist. Schmeckt besser als Rasierwasser.
(Für Notfälle mal angetestet)
.
07.04.
.
Über meine Sonderstellung (NZZ) nachgedacht.
Aber nicht lange. Gelage mit Georg. In der Fußgängerzone mehrere
fremde Frauen angesprochen. Schnittwunde. Regenschirm.
.
10.04.
.
Nur noch Bourbon im Haus. Ging aber mit viel Eis.
Meine Augen werden immer schlechter. Zog deshalb schon nachmittags alle
Rolläden herunter und rauchte im Dunklen eine Havanna. Sehr nachdenklich.
.
11.04.
.
Whisky kaufe ich abwechselnd im SPAR, Tengelmann,
und an der FINA-Tankstelle. Fällt dann nicht so auf. Wein kommt vom
Versandhandel. Liebeskummer. An feste Kost heute nur Vitamin-C-Tabletten.
.
13.04.
.
Schwerer Sturz im Arbeitszimmer. Dabei eine ganze
Flasche Williams Birne verschüttet. Es riecht jetzt sehr angenehm.
Haß- und Mordgedanken. Steige von REVAL auf Marlboro Medium um.
.
17.04.
.
Schwer angetrunken telefonisch ein Radiointerview
gegeben. Dabei die Postmoderne gepriesen. Danach ultimativer Kick. 5 Tassen
Kaffee mit Kognak, Mischungsverhältnis 1:1.
.
19.04.
.
Filmriß. Es fehlen 24 Stunden. Habe aber nicht
das Gefühl, das wirklich etwas fehlt.
.
20.04.
.
Blut im Klo, Prostata, Hoppala. Belgisches Bier probiert.
Zwecklos.
.
22.04.
.
Brief vom Deutschen Literaturfonds. Scheint echt
zu sein. Lasse ihn von meiner Frau vorlesen. Champagner. Nachts nochmal
spät raus, um einen Baum zu umarmen.
.
25.04.
.
Nüchtern ins Bett! Um 3 Uhr hellwach. Eine Flasche
Riesling Kabinett innerhalb weniger Minuten. Dazu Catull-Gedichte gelesen.
Dann Alptraum.
.
26.04.
.
Der Briefträger hält bei der Übergabe
eines Einschreibens deutlichen Abstand. Wirres Fax an die Süddeutsche.
Versehentlich Balsamico-Essig getrunken.
.
28.04.
.
Vormittags nur Weinschorle. Bin stolz auf meine Disziplin.
Nachmittags einen Stuhl auf die Straße gestellt. Darauf ein Zettel:
Komm zurück!
.
30.04.
.
Flaschendepot teilentrümpelt. Fast nur
Braunglas, Ballantines. Nachdenken über den Standpunkt außerhalb
der Philosophie, den gesunden Menschenverstand. Dabei wieder mal eine Brille
zertrümmert.
.
02.05.
.
Party bei Freunden? Hatte Flachmann mit. Spät
dann noch ein Gespräch mit Jesus, der mir eine große Zukunft
prophezeite und mich hinsichtlich meiner Sonderstellung in der deutschen
Literatur beruhigte. Johannes stieß hinzu und taufte mich mit Eiswasser.
Prellungen vom Schlafen auf Parkettboden.
.
04.05.
.
Viel gelacht über Georg Trakl. Abends Kinobesuch
mit Freundin. Eingeschlafen. Anschließender Annäherungsversuch
gescheitert. Helle Blitze am Himmel, der mir grün vorkam. Blutsbrüderschaft
mit dem Taxifahrer.
.
05.05.
.
Schwer getrunken. Für 1200 Mark Bücher
beim ZVAB bestellt, außerdem neue Unterhosen, Größe 8,
reine Baumwolle.
.
06.05.
.
Fremde Männer im Haus. Suchte nach Waffen, fand
aber nur ein Stück Holz. Frau aufgeweckt, aber nicht Polizei angerufen.
Dann nachgeschaut, woher das Wort ALARM kommt:
Aus dem Italienischen.
.
08.05.
.
Mal wieder Rotwein, wegen der Verdauung. Versuch
einer Ordnung gescheitert. Encyclopedia of Golf gelesen. Notizen allerdings
unleserlich. Da doch auch Ballantines.
.
.09.05.
.
Mit dem Pabst beim Golfspielen gewesen. Birdie am
6ten Loch, ein wunderbarer Traum.
.
12.05.
.
Hennessy bringts nicht. Überhaupt, merkwürdiger
Tag ohne jede Sexsucht. Beim Einkaufen gegen parkenden Wagen gelaufen.
Eine Flasche 97er Chateau Moysson Bel Air zerbrochen. Wunsch zu sterben.
.
16.05.
.
Delirium grande. Fortbewegung innerhalb des Hauses
auf allen Vieren. Das Hirn wummert. Fünf Frauen telefonisch zum sofortigen
Beischlaf aufgefordert. Dann mit Sohn Rechnen geübt.
.
17.05.
.
Einladung an einer Anthologie mitzuwirken.
Abgelehnt. Lesung in Kaiserslautern, DM 300,-. Abgelehnt. Literaturhaus?
Abgelehnt. Internetprojekt. Abgelehnt. Über meine Schürfwunden
nachgedacht.
.
19.05.
.
Zahlreiche Stimmen und Erscheinungen. Auch Napoleon.
.
20.05.
.
Anruf beim Verlag mit verstellter Stimme.
.
21.05.
.
Einen Kunstforumband von vorne bis hinten gelesen.
Dann Kapitalrausch. Spät nachts mit verschiedenen Werkzeugen versucht,
ins eheliche Schlafzimmer einzudringen. Dabei das Schloß so stark
beschädigt, daß meine Frau den Schlüsseldienst rufen mußte.
Im Keller versteckt.
.
23.05.
.
Wurde auf offener Straße mit offener Flasche
gesichtet. Besorgte Telefonate. Magen ausgepumpt.
.
25.05.
.
Experimente mit Robert Walser und Kräuterlikör.
Fehlgeschlagen.
Handke und Birnenschnaps funktioniert.
.
27.05.
.
Krämpfe. Trudeln. Sturz. Schlafen. Im Bett ists
doch bequemer. Fand im Gästezimmer endlich die Flasche Whisky, die
ich vor einem Jahr versteckt hatte.
.
28.05.
.
Wollte mal wieder ausgehen. Schaffte es bis zur Bahnhofswirtschaft,
in der ich Rudi kennenlernte, mit dem ich einige Kleidungsstücke tauschte.
.
01.06.
.
Zahnfleischbluten. Wodka desinfiziert. Nachmittags
lag ich etwa eine Stunde in der Garage neben den Winterreifen.
.
02.06.
.
Gedichte von Thomas Kling gelesen. Dazu Havanna Club,
five Years old. Verschiedene Dinge aus dem Fenster geworfen, auch Texte
und leere Flaschen.
.
04.06.
.
Viel Wein. Experimente mit diversen Mundwassern.
Dann durchs ganze Haus gegangen und alle Lichter angemacht. Anschließend
polnischer Wodka im Geräteschuppen. Lektüre: Gedichte von Erich
Fried.
.
05.06.
.
Spreche meine Frau direkt auf ihr Verhältnis
mit VHS-Kursleiter an. Ergebnis: Beschwerden wegen Zigarrenasche im Haus
und leeren Flaschen unter der Tujenhecke.
.
08.06.
.
Wieder geweint. Einige Harvey Wallbanger getrunken.
Meine Tochter erwischte mich bei einem Gespräch mit Klopstock.
.
.
Ich öffne ja gerne meine Schatzkiste. Mit schönen
Grüßen nach Paderborn.
Heiner Link, 28.03.2000
.
.
Ich möchte wieder malen. Konkrete Idee,
Heinz Rühmann via Diaprojektor im Dunklen an die Leinwand zu werfen
und ihn dann zu spachteln. Tolle Idee. Schöne Zeiten waren das, wild
und ohne jedes Kalkül. Im Dunklen zu malen ist überhaupt das
Größte. Nur ein schwacher Lichtschein auf die Leinwand gerichtet,
man ahnt Farbe, dahinter Musik und Stimmung. Und die Ästhetik
des Spachtelns. Und dann der Morgen, Tageslicht, das Betrachten der Arbeit,
die verrückten Farben.
Schön.
Ich habe eine beträchtliche Anzahl von Scheißbildern
gemalt, aber ich hatte immer großen Spaß daran.
Wenn Sie verstehen, was ich meine.
Heiner Link, 30.03.2000
.
.
Plagiat, sagt einer zu meinem Sauftagebuch. Dabei
habe ich es nicht nur viel besser gemacht als Eugen Egner (und das in ca.
1 Stunde am Sonntag Nachmittag), sondern werde erst noch richtig ausholen.
Aber so sind die Popp-Kameraden. Unlässig. Eitel. Siebengescheit.
Wahrscheinlich sogar Achtgescheit.
Weiß man nie so genau.
.
Herbstmorgen in Holland
.
Die Nebelkuh
am Nebelmeer
muht nebel mei-
nem Bahngleis her
.
nicht "neben", denn
wo Nebel fällt,
wird auch das n
zum l entstellt
.
Erich Fried
.
Verstehst?
Heiner Link, 31.03.2000
.
.
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Herzflattern. Kreislaufprobleme. Liebeskummer.
Und ich trau' mich nicht anzurufen. Ja, gut, warum soll ich andere Probleme
als der Durchschnittsmensch haben? Hab ich nicht. Ich welke ebenso dahin.
Grau ist alles um mich und auf die Wettervorhersage ist kein Verlaß.
Nie Verlaß gewesen.
Höre viel Musik.
Heiner Link, 02.04.2000
..
.
.
Immer wenn ich deprimiert bin, schaue ich in
den Ikea-Katalog. Ausserdem habe ich mir heute eine anständige Bratpfanne
gekauft. Man ist ja gar kein Mensch, ohne eine gescheite Bratpfanne. Das
Ding hat mindestens acht Kilo. Derart bewaffnet fragte ich dann im Zeitlungsladen
nach der bekannten italienischen Sportzeitung. Siehe da, die Rentner gingen
mir artig aus dem Weg.
Das Leben ist großartig.
.
Heiner Link, 03.04.2000
.
.
.
Ein Online-Ticket-Service wird hier nicht eingerichtet.
Auch nicht in Kürze. Und ich schreibe das alles hier höchstselbst,
altmodischerweise. (Für die Insider)
.
Was könnt' ich Euch denn heute berichten? Hatte
gestern eine außerplanmäßige Lesung mit Ralf Bönt
in der BongoBar. Marcus Braun mußte verletzt absagen, und ich bin
ja der Thomas Häßler unter den Literaten. Ein Regisseur im vorgerückten
Alter, der den ganzen Tag auf dem gepackten Köfferchen hockt und auf
einen Anruf des Teamchefs wartet. (Für Freunde der Literatur und des
Fußballs)
.
Also, gestern, so gegen 10, ich träumte gerade
von, na ja, klingelt "der Telephon", und Volker Isfort von der Abendzeitung
ist dran. Ob ich einspringen könnte. Klar, sag ich, wie weit muß
ich denn "hupfen"? So bin ich. Ein Profi durch und durch.
.
Wurde dann schon nach einer Viertelstunde ausgewechselt,
nahm aber noch sechs schnelle Weißwein mit, Groupies waren auch keine
da.
Mit einem Wort: Was mir fehlt, ist der Kultstatus.
Einen Kultstatus wenn ich hätt', wär' alles viel einfacher. (Für
Freunde der bayerischen Syntax)
.
Nun zur Arbeit:
.
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Identität ein Gedicht
Szene III
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Und der Geist des Menschen
Chor Und der Geist des Menschen
Tränen Und der Geist des Menschen.
Chor Ja und der Geist des Menschen
Natürlich der Geist des Menschen
Hat der hat das irgendwas zu tun mit ich bin ich
weil mein kleiner
Hund mich kennt.
Was ist der Chor.
Chor Was ist der Chor.
Jedenfalls ist da das Problem der Identität.
Was nützt es ein kleiner Junge zu sein wenn
man groß werden und
ein Mann sein muß.
Chor Nein der Hund ist nicht der Chor.
.
Gertrude Stein.
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Ja, langsam kommen wir hier zu Potte. Es geht
um den kleinen Hund. Was ist der Chor? Der Hund ist jedenfalls nicht der
Chor. Soviel steht fest.
Heiner Link, 06.04.2000
.
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Pool-Party im Münchner Literaturhaus. Es lasen
mehrere Autoren. Es trank Heiner Link. Und dann dies:
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.Also, es war so, daß ich mit Andrea
(vergib mir, wenn Du Ursula heißt, oder Schaklin) geflörtet
habe, aber Andrea fand mich nicht so toll, also war da eine andere mit
einem kurzem Rock, so Sechzigerjahrefrisur, mehr weiß ich nimmer.
Ich jedenfalls immer wie immer die alten, betrunkenen Männer sind,
so mit antatschen und erweiterten Pupillen und praktisch parat, ja, und
dann kam so ein Typ daher. Man sah gleich, der gehört auch dazu. Ich
mag das ja nicht, ich bin ja mit den Mädels immer ganz gerne für
mich. Kam jedenfalls dieser Typ daher, und ich sagte nur: Helmut, schaff
das Teil weg, aber Helmut schaffte mich hinaus in die dunkle Nacht. Ich
kannte mich gar nicht mehr aus, wie immer, und ich sagte, Helmut, es ist
so dunkel, aber Helmut sagte immer (sagte er mir heute zumindest, und ich
bin geneigt ihm zu glauben) es wäre alles in Ordnung, Helmut, sagte
ich, bist du sicher, schließlich muß man im Leben differenzieren,
aber Helmut drückte mich in dieses Auto, ein älteres Modell glaube
ich, ich habe dann pflichtgemäß nach vorne geschaut, am Steuer
saß eiseisbaby, und daneben rutschte seiner Freundin der Rock hinauf,
daß ich mir dachte, das Leben ist großartig.
Ich hätte ja die Hände jederzeit um des
Fahrers Hals legen können, habe mich dann aber an Helmuts Schulter
gelehnt, weil ich mir dachte, gut, das Leben ist großartig, aber
die Möglichkeiten sind begrenzt. Es liegt an einem selber, die Phantasie
galoppieren zu lassen.
Und dann waren wir plötzlich in Germering, und
man rief ständig ins Auto hinein. Aussteigen hieß es. Heiner!
Aussteigen!
Ich wollte aber nicht aussteigen.
Weil ich ein Romantiker bin.
Das verstand man natürlich nicht. Ich habe dann
auch gleich mit dem rumänischen Taxifahrer gerauft. Der wollte mich
heimbringen. Helmut ging halbherzig dazwischen, Helmut, sagte ich, wenn
ein Mord fällig ist, dann jetzt, und das verstand er auch umgehend
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und seitdem besitzen wir ein Taxi
Helmut und ich
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Heiner Link, 12.04.00 at 23:53:37
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Lieber Heiner,
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es stimmt nicht.
Du hast es versucht, aber den Rumänen getroffen
hast du nicht.
Es war schon sehr, sehr nett von ihm, dich trotzdem
noch nach Eichenau zu fahren.
Als du mich gestern gefragt hast - vor deinen Kindern
- ob das Taxi in meiner Garage steht, habe ich halt ja gesagt.
Aber da steht es nicht.
Ich habe folgerichtig auch die 'Blutspuren nicht
aus den Polstern entfernt'. Ebensowenig, wie ich 'Ceaucescus Leiche verbuddeln'
mußte.
Nein, Heiner. Wir haben kein Taxi. Das ist die Wahrheit.
Aber du darfst mich weiterhin 'Herr Geheimrat' nennen. Darauf kommt es
nun nicht mehr an.
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Helmut Krausser, 13.04.00 at 12:37:56
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.Gestern abend die Rolf-Dieter Brinkmann-Nacht
im Atomic-Café in München. War nett. Norbert hat den Plane-Too-Song
aus Westwärts 1&2 mit Gitarre und Gesang perfekt vorgestellt,
und ich habe Brinkmanns Austrittszeugnis aus dem Gymnasium vorgelesen.
Danach natürlich auch noch mein eigenes. Zum Vergleich. Wir sind ja
beide nach der 10ten gegangen worden. Ich bin dann zwar Jahre später
wieder auf die Schule, was sich Brinkmann geschenkt hat. Dafür war
sein Versuch, im Finanzamt Oldenburg eine Beamtenlaufbahn einzuschlagen,
mindestens so lächerlich, wie meine 6 Semester Betriebswirtschaft.
Mindestens.
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Traf ein paar nette Leute, leider auch den ewig dumm-dreisten
und lächerlich eingebildeten Karl Bruckmaier. Ich befürchte ja
zutiefst, daß der beim Zündfunk hängenbleibt. Na ja, mehr
als zweieinhalb Zeilen ist er mir hier nicht wert.
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Es gibt aber schon Leute, denen ich Berufserfolg
gönnen würde, keine Frage.
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Helmut hat mich wieder gut heimgebracht. (Danke,
Herr Geheimrat!) Ich kann gar nicht mehr ohne Helmut ausgehen. Treffe ohne
Hilfe nicht ins Taxi hinein. Von Gilching dann ohne Helmut aber mit Norbert
nach Eichenau. Ich erklärte dem Fahrer den Weg, dieser aber schien
mir nicht recht zu trauen. Sind sie sicher, sagte er andauernd. Sind sie
sicher. Sind sie sicher. Die Uhr stand schon bei über 50 Euro. Sind
sie sicher, sind sie sicher. Das reinste Nervenbündel. Bis ich dann
sagte: Norbert: Tu den Revolver raus! Da hat er dann schon ein bißl
gezuckt, aber wir mußten gleich so lachen.
Und dann war er sich auch sicher.
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So. In Zeiten der T-Aktie wollen wir die Lyrik nicht
vergessen:
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DIE KRÜCKEN
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Sieben Jahr wollt kein Schritt mir glücken.
Als ich zu dem großen Arzte kam
Fragte er: Wozu die Krücken?
Und ich sagte: Ich bin lahm.
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Sagte er: Das ist kein Wunder.
Sei so freundlich, zu probieren!
Was dich lähmt, ist dieser Plunder.
Geh, fall, kriech auf allen vieren!
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Lachend wie ein Ungeheuer
Nahm er mir die schönen Krücken
Brach sie durch auf meinem Rücken
Warf sie lachend in das Feuer.
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Nun, ich bin kuriert: ich gehe.
Mich kurierte ein Gelächter.
Nur zuweilen, wenn ich Hölzer sehe
Gehe ich für Stunden etwas schlechter.
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Bertolt Brecht
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Wenn das nicht gut ist, freß ich ein
paar Hölzer.
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Heiner Link, 18.04.2000
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Auch ein Gedicht:
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Wer jung ist, hat mehr Geschmack als Geld
Das wird ja immer schöner!
Das ist schon ein starkes Stück!
...am wenigsten Geld
...Sortiment und Farbe
Sind wir nicht gut in Form?
Wir ruhen uns nicht auf unseren Polstern aus.
Wieder mal ... gegen den Strom
83/84
84/85
85/86
87
88
89
Garantie
91
92
Garantie
Garantie
95
1275,-
1198,-
398,-
Der schönste Ort der Welt. Zuhause.
Entdecke die Möglichkeiten
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25 Jahre IKEA
("Danke für 25 Jahre Schleppen, Schrauben, Staunen
und Freuen.")
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Heiner Link, 18.04. 2000
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Schickt mir Helmut grade per e-mail, handabgetippt:
("wie versprochen" schrieb er)
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von frauen
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nichts können sein besseren einen mann denn
onaniste,
der lassen
allein denen frauen ihneren stinkenen futten,
der lassen
ihn
ihneren emanzipationen, ihneren rühren-nicht-an-mich-
brusten;
der ihneren bauchen keinen einfüllen einen
brut, denen
der frauen
dann rausscheißen in geburten und sich ankleben
mann
seinen lebenlang
und der roboten für frauen und brut und hören
ihnen
schreienen: nix
gut du nix gut, und immer dann trockenwischen
er den
geschwollenen
blauenroten wangen an denen heulige, denen außen
posaunenen
daß es sein einen rechtenlosen verquäligsten
unterdrückenen
bis pressen er sein lippen auf den hand denen
sauen.
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Ernst Jandl.
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Das iss nicht leicht abzutippen.
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Heiner Link, 21.04.2000
.
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Ich bin ich weil mein kleiner Hund mich kennt.
Chor Das beweist nichts über dich es beweist
nur etwas über den Hund.
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Der kleine Hund erscheint aber nicht denn wenn er
es täte gäbe es nichts zu befürchten.
Hunde riechen wie Hunde
Und Menschen riechen wie Menschen
Chor Und ist die menschliche Natur überhaupt
nicht interessant.
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Jeder der einen Großvater hat hat einen Urgroßvater
gehabt und dieser Urgroßvater hat einen Vater gehabt. Das gilt eigentlich
auch für eine Großmutter die eine Enkelin war und Großvater
hatte einen Vater.
Chor Das kann kein Hund sagen.
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Ein Mann kommt.
Ja, es nützt eine Menge wenn ein Mann kommt
aber wird er überhaupt kommen und wie gefällt es dir wenn er
kommt und aussieht wie ein anderer Mann.
Chor Käme er nicht. Wie sähe das
aus?
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Und dann die Atemnot.
Der Ball hat den Hund in Atemnot gebracht!
Und so streunt der Hund herum
Niemand der einen Hund hat kann ihn vergessen
Chor Es gibt keine Erinnerung im Geist des
Menschen
.
Und macht ein Hund ein Geräusch
außer vielleicht wau wau
und ist das dann mein Publikum
und bin ich dann ich neben dem Hund
Chor Ach wirklich Wie fein das gesagt ist.
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Heiner Link, 23.04. 2000
.
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Lieber Girgl, willst Du Dich nicht noch einmal melden?
Noch ein einziges Mal? Du mußt auch nicht unbedingt etwas über
Deinen Hund sagen. Die Zustände sind ja vielfältig. Es ist ja
alles so farbenfroh, daß mir selber auch kein unifarbenes Bild gelingt.
Nicht einmal mir, der ich wirklich fliegen kann, an manchen Wochentagen.
Gestern zum Beispiel habe ich meine Runden über Berlin gedreht. Überraschend
langweilig, das muß ich schon sagen. Fliege ich dagegen in eine Bank
hinein und sehe einen hübschen Hintern, habe ich schon mal einen Teil
des Problemes fixiert, der aus der Vogelperspektive über Berlin doch
arg verkleinert, obwohl natürlich viele Baustellen ins Auge fallen,
so ist es ja nicht. Insofern will ich Berlin dann doch nicht kritisieren.
Entschuldigung, aber ich bin ein wenig aufgeregt.
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Was wollt ich denn jetzt noch, was liegt mir denn
andauernd auf der Zunge, richtig, ich werde doch noch die Stelle in Frank-Wolf
Matthies' Buch AENEIS finden. Nicht. Gut, vielleicht krieg ich es aus dem
Gedächtnis hin. Es fing irgendwie so an:
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Zwischenspiel: Mandolinen und Mondschein. Bitte ankreuzen!
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1) Beim Onanieren habe ich ein Gefühl der Zufiedenheit.
2) Ich onaniere gerne.
3) Ich onaniere gegen meine Depressionen.
4) Ich onaniere auch in der Badewanne.
5) Ich onaniere aus einem großen Freiheitsgefühl
heraus.
6) Ich onaniere, um meinen Erfahrungshorizont zu
erweitern.
7) Ich onaniere, um mich theoretisch auszudrücken.
8) Ich onaniere, weil ich Erfolg haben will.
9) Ich onaniere regelmäßig.
10) Ich onaniere auch mit dem Autoschlüssel
in der Hosentasche.
11) Onanieren hat für mich etwas mit Frieden
zu tun.
12) Ich onaniere, weil mich das Thema interessiert.
13) Ich onaniere zusätzlich.
14) Ich onaniere ergänzend.
15) Ich onaniere glänzend.
16) Ich onaniere schadenfroh.
17) Ich onaniere, weil das kreativ ist.
18) Ich onaniere nie zu Musik.
19) Ich onaniere, um Ängste abzubauen.
20) Ich onaniere auch vor meinem kleinen Hund.
21) Onanieren hat für mich etwas mit Glücksseligkeit
zu tun.
22) Ich onaniere auch aus finanziellen Gründen.
23) Ich onaniere, um die Enge meines Lebensraumes
zu überwinden.
24) Ich onaniere, um eigene Vorstellungen durchzusetzen.
25) Ich onaniere, um mich zu vergewissern.
26) Ich onaniere auch stehend.
27) Ich onaniere aus hormonellen Gründen.
28) Ich onaniere im Wettlauf mit dem Zeitgeist
29) Ich onaniere, weil ich für die Möglichkeit
dankbar bin.
30) Ich onaniere schnell und langsam.
31) Onanieren hat für mich etwas mit Würde
und Menschlichkeit zu tun.
32) Ich onaniere, seit ich geschlechtsreif bin.
33) Ich onaniere aus Gründen der Anerkennung.
34) Ich onaniere, um letzte Zweifel auszuräumen.
35) Ich onaniere, weil das komisch ist.
36) Ich onaniere nie zu bestimmten Zeiten.
37) Ich onaniere vor der Schreibmaschine.
38) Ich onaniere, um meinem Dasein einen Sinn zu
geben.
39) Ich onaniere, um eine Gegenöffentlichkeit
herzustellen.
40) Ich onaniere, um mich emotional zu orientieren.
41) Onanieren hat für mich etwas mit Improvisation
und Spontaneität zu tun.
42) Ich onaniere auch im Ausland.
43) Ich onaniere auch mit Vorlage.
44) Ich onaniere, weil es gesund ist.
45) Ich onaniere im Alter zunehmend.
46) Ich onaniere aus Gründen der Neugierde.
47) Ich onaniere, um eine Schuld zu tilgen.
48) Ich onaniere, um frei zu werden.
49) Ich onaniere, um Beziehungen herzustellen.
50) Ich onaniere aus Gründen des Ehrgeizes.
51) Onanieren hat für mich etwas mit Streßabbau
zu tun.
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So ungefähr war das.
Heiner Link, 24.04.2000
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.
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Ich will auch mal nach Bangkok. Aber die Drogen
und die Mörder und das Essen und das alles. Und dann kenn' ich mich
am Flughafen nicht aus. So fängt's schon mal an. Wär vielleicht
doch zu aufregend für mich. Zum Maisinger See finde ich ohne Probleme.
Da fall' ich auch nicht auf, mit meiner Lederhose.
.
Schade. Bangkok, das wär's schon gewesen. Mit
Elke und Sven und so weiter, und den Drogen natürlich. Dem Christian
Kracht am Strand das Schuhplatteln beibringen, meine Herren ... Das würde
in die Literaturgeschichte eingehen.
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Genau besehen bietet das Leben schon Möglichkeiten,
aber der Maisinger See hat einen schönen Biergarten
und dann muß man immer die allgemeine Lage
seh'n:
.
rom & wien
.
alle wege führen nach rom
daher hat rom
keinen sessellift
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wien hat einen sessellift
dafür hat rom
keinen wiener bürgermeister
.
(Hermann Jandl)
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Und ich gehe ja ohne HelK gar nicht mehr aus.
.
Heiner Link - 28.04.00 at 00.23.17
.
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Es muß jetzt bald ein Ende her, da ich schon
mit den Nerven zu tun habe.
.
Martin ruft an und sagt: Sehr schön. Jetzt müssen
wir das bloß noch rund machen. Er ruft aus einer Telefonzelle an,
von wo aus er auf sein Taxi wartet. Es gäbe auch negative Stimmen,
sagt er, klar. Er will mir eine Freude machen. Aber wie darf ich das verstehen.
Ich bin doch kein heiliges Kugellager.
:
Das hier ist nicht die Straße, die zur Ewigkeit
führt. Es handelt sich um eine ganz gewöhnliche Straße.
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Und ich will nur sagen: wenn sie den Reden des Herrn
noch länger lauschen, sind sie verloren.
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Aber wer ist der Herr?
Mein Gott, das weiß man doch aus dem Religionsunterricht.
Nicht zwingend, mein Herr, nicht zwingend.
Gott steckt in allem. Im neuen BMW Cabrio, in einer
jeden Abteilungsleiterposition. Sehen sie diesen 100-Mark-Schein?
Selbstverständlich.
Auch das ist nichts anderes als Gott.
Dieses Stück Papier soll Gott sein?
Selbstverständlich.
.
An dieser Stelle unserer kleinen Unterhaltung ließ
mein Gegenüber gekonnt eine verchromte Fahradklammer ins Hosenbein
schnalzen. Ein Zeichen des Aufbruchs.
Das Landratsamt, sagte ich, werden sie auf diesem
Weg nicht finden.
Aber ich suche doch gar nicht nach dem Landratsamt.
Das sagen alle, sagte ich.
Aber ich schwöre es, bei meiner Luftpumpe.
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Erst jetzt fiel uns die Landschaft auf, die uns umgab.
Eine parkähnliche Marschlandschaft, Menschenansammlungen, der Wind
trug rufende Stimmen kühn zu einem grotesken Konzert zusammen, Vögel
fielen wie geworfene Kanonenkugeln durchs Bild. Es schien fünf Uhr
nachmittags zu sein. Am Horizont suchten ein paar Krähen das Weite.
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Wie heißen sie, fragte ich ihn.
Er wußte es nicht.
Fangen sie nicht an, bockig zu werden, sagte ich.
Nicht ohne Entrüstung.
Er schwor es bei seiner 21-Gang-Schaltung.
Sein Lächeln gefiel mir nicht. Personal, das
so spät auftritt, hat meist nichts Gutes zu bedeuten.
Glauben sie nicht, den Fall nun abschließend
ratifizieren zu können, fragte er.
Na bitte.
Es muß alles seine Ordnung haben, sagte er.
Ich schlage daher vor, daß wir eine Tabelle erstellen.
Eine Tabelle?
Jawohl, eine Tabelle. Mittels einer Tabelle läßt
sich aus unterschiedlichsten Ausgangswerten jederzeit ein schlüssiges
und nachvollziehbares Bild darstellen.
Mit Grafik?
Selbstverständlich.
Temperatur?
Siebzehnfünf.
Ich hätte Neunzehn geschätzt.
Siebzehnfünf ist Anfang Mai nicht ungewöhlich
niedrig.
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Heiner Link, 02.05.2000
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Genf, Samstag, 6. Mai 2000, Hotel Crowne Plaza,
21.12 Uhr, Zimmer 222 (Raucherzimmer), Welcome, Mr. Heiner Link!
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Was soll ich mir Genf anschaun? Warum sollte ich
mein Hotelzimmer verlassen? Ich fühle mich ganz wohl hier. Alleine
(Goethe) was ich nicht verstehe: Wie kommt ein Mann wie Wolfgang Hilbig
mit dem Inhalt einer Hotelzimmerminibar aus?
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Es ist bekannt, daß jemand, der jemand ist,
niemals alleine ist. Nur wenn sein Hündchen nicht da ist, ist er allein.
Der kleine Hund dagegen ist doch nicht allein. Wäre er allein, wäre
er gar nicht da, das ist doch klar. Die generelle (sagen wir mal pc-korrekte)
Ablehnung von Hotelzimmern als gemütliche Wohneinheiten also hat angesichts
dieser Erkenntnis etwas reichlich unlogisches, gelinde gesagt. Aber lassen
Sie mich vorauseilen und ein letztes Gedicht an Sie richten:
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Der Tag, an dem das verschwand
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Am Tag, an dem das verschwand,
da war die uft vo K agen.
Den Dichtern, ach, versch ug es g att
Ihr Singen und ihr Sagen.
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Nun gut. Sie haben es ver oren
Etwas Neues schien geboren
Doch die Dichter sind e astisch
Dichten auch ohne fantastisch
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Beten ihrem Häupt ing nach
Daß sich fü t der A manach
Sch app und Schwänze nennt der sie
Ist doch Werbung sagen sie
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Dichten fortan ohne
Ha ten das für orgine
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Jedoch:
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So ang das nicht wiederkehrt,
muß a es F ickwerk b eiben.
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Jetzt hat mich der Rhythmus auch noch verlassen.
Die Sonne ist soeben prächtig untergegangen und die Filmschauspielerinnen
und Filmschauspieler schauen melancholisch aus ihren Fenstern zum Horizont
hinüber, und zwar in der Hoffnung auf den grünen Streifen, der
Glück bringen soll. Diejenigen, die nicht aus den Fenstern schauen,
kochen Gemüseauflauf. Mit Béchamelsauce, Mehl, Milch und solchen
Sachen, möglichst klumpenfrei verrührt. Bilder flutschen ihnen
durch den Kopf, während ich an das Geräusch zarter Damenschritte
neben mir denke. Ist das nicht normal?
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Gut, also, dann werde ich morgen beim "SALON INTERNATIONAL
DU LIVRE ET DE LA PRESSE A GENEVE" wieder mal eine längere Trommeleinlage
geben. Sie sollen an mich glauben. Wenn schon überall Preisschilder
kleben, muß ich jede Gelegenheit zum Trommeln nutzen.
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Und jetzt wirds zum Schluß nochmal richtig
spannend. Der Virus
I LOVE YOU
legt mich lahm. Ich komme nicht ins Netz.
Und wie ich höre, heißt der Virus
auch
JOKE.
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Das ist doch kein schlechtes
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ENDE
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PS: Nicht vergessen: Der Hund ist nicht der Chor!
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Teil 1 und 2 sind nicht mehr im Internet abrufbar
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